Tierarztl Prax Ausg G Grosstiere Nutztiere 2005; 33(01): 12-20
DOI: 10.1055/s-0038-1624107
Wiederkäuer
Schattauer GmbH

Die Peritonitis beim Rind unter besonderer Berücksichtigung geburtshilflicher Komplikationen – eine Literaturübersicht

Teil 1: Physiologische Grundlagen und UrsachenPeritonitis in cattle with special reference to obstetric complications – a review of the literature.Part 1: Physiological principles and causes
B. Gümbel
1   Aus der Klinik für Geburtshilfe, Gynäkologie und Andrologie der Groß- und Kleintiere mit Tierärztlicher Ambulanz (Professur I: Prof. Dr. Dr. h. c. H. Bostedt) der Justus-Liebig-Universität Gießen
,
A. Wehrend
1   Aus der Klinik für Geburtshilfe, Gynäkologie und Andrologie der Groß- und Kleintiere mit Tierärztlicher Ambulanz (Professur I: Prof. Dr. Dr. h. c. H. Bostedt) der Justus-Liebig-Universität Gießen
,
H. Bostedt
1   Aus der Klinik für Geburtshilfe, Gynäkologie und Andrologie der Groß- und Kleintiere mit Tierärztlicher Ambulanz (Professur I: Prof. Dr. Dr. h. c. H. Bostedt) der Justus-Liebig-Universität Gießen
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Eingegangen: 02 April 2004

akzeptiert: 31 August 2004

Publication Date:
05 January 2018 (online)

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Zusammenfassung

Anhand einer Literaturübersicht wird der derzeitige Kenntnisstand über die Peritonitis beim Rind unter besonderer Berücksichtigung ihres Auftretens nach geburtshilflichen Maßnahmen dargestellt. Der vorliegende erste Teil dieser Arbeit beschreibt die physiologischen Grundlagen, die Pathogenese und die Häufigkeit dieser Erkrankung. Das Peritoneum stellt einen hochaktiven Zellverband dar, der die intraperitoneale Flüssigkeitsbalance reguliert und einen mechanischen und biologischen Schutz für die intraadominellen Strukturen gewährleistet. Da Rinder eine im Vergleich zu anderen Tierarten geringere peritoneale fibrinolytische Aktivität besitzen, reagieren sie auf eine Traumatisierung des Peritoneums besonders intensiv mit der Ausbildung fibrinöser Auflagerungen und Adhäsionen. Diese helfen einerseits, pathologische Prozesse zu lokalisieren, andererseits führen sie jedoch zu einer hohen Anzahl postoperativer Verwachsungen. Neben der Entwicklung einer Peritonitis im Zusammenhang mit der Reticuloperitonitis traumatica und gastroduodenalen Ulzera treten Bauchfellentzündungen gehäuft nach Maßnahmen der operativen Geburtshilfe auf. Obwohl postoperative Inflammationen des Peritoneums beim Rind in der Regel lokalisiert bleiben und dann als permanente oder zeitlich begrenzte Adhäsionen in Erscheinung treten, sind die lokale, abszedierende Bauchfellentzündung und die diffuse Peritonitis der häufigste Grund für eine Euthanasie nach einer Sectio caesarea. Dabei liegt die Anzahl von Tieren mit intraabdominellen Adhäsionen nach einer Sectio caesarea in der linken Flanke am stehenden Tier zwischen 5 und 56%. Die Entwicklung einer Peritonitis diffusa wird mit einer Häufigkeit von 2,2-9,0% angegeben. Eine höhere Inzidenz zeigt sich bei verschleppten Geburten und Operationen am liegenden Tier. Dagegen weisen nur 1,2% der Kühe nach einer Fetotomie eine Bauchfellentzündung auf. Den größten Einfluss auf die Entwicklung einer Peritonitis haben die Operationsmethode und die Dauer des Partus vor dem Eingriff.

Summary

This survey presents the state-of-the-art knowledge about peritonitis in cattle with special reference to its incidence after obstetric intervention. The first part of this study describes physiological principles, pathogenesis and incidence of peritonitis. The peritoneum is a highly active aggregation of cells that regulates the intraperitoneal fluid balance and guarantees mechanical and biological protection for the intraabdominal structures. Since the cow has a lower peritoneal fibrinolytic activity than other animal species, cattle react to traumatization of the peritoneum particularly intensely by developing fibrinous deposits and adhesions. These help to localize pathological processes, on the one hand, but on the other hand they lead to a large number of postoperative adhesions. Beside the development of peritonitis in connection with traumatic reticuloperitonitis and gastroduodenal ulcers, there is a high incidence of inflammation of the peritoneum after obstetric intervention. Although postoperative inflammation of the peritoneum in cattle generally remains localized and then manifests itself by formation of permanent or temporary adhesions, local and abscess-forming inflammation of the peritoneum or diffuse peritonitis is regarded as the most common reason for euthanasia following cesarean section. After left flank cesarean section in the standing cow 5 to 56% of the patients develop intraabdominal adhesions. An incidence of 2.2-9.0% is given for the development of diffuse peritonitis. This incidence is higher in the case of prolonged births and operations with the cow lying down. However, only 1.2% of the cows show peritonitis after fetotomy. The surgical technique and the duration of parturition prior to the operation have the greatest influence on the development of peritonitis.