Z Gastroenterol 2018; 56(05): e11
DOI: 10.1055/s-0038-1648581
Kategorie: Poster „Der interessante Fall“
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

5-jährige Patientin mit V.a. biliäre Pankreatitis

J Brueckner
1   Klinik für Innere Medizin I, Klinikum Dritter Orden München-Nymphenburg
,
S Seiffert
2   Klinik für Kinderchirurgie, Klinikum Dritter Orden München-Nymphenburg
,
H Helmberger
3   Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin, Klinikum Dritter Orden München-Nymphenburg
,
A Eigler
1   Klinik für Innere Medizin I, Klinikum Dritter Orden München-Nymphenburg
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Publication Date:
03 May 2018 (online)

 

Ein 5-jähriges Mädchen wurde mit seit 2 Tagen zunehmenden Bauchschmerzen und Erbrechen in die Notaufnahme gebracht. Klinisch bestand bei Aufnahme eine deutliche Abwehrspannung mit Schonhaltung, das Mädchen verweigerte jegliche Nahrungs- oder Flüssigkeitsaufnahme. Blutuntersuchungen ergaben eine GGT 216 U/l, GPT 496 U/l, Bilirubin gesamt 1,2 mg/dl und Lipase 1695 U/l. Die Entzündungszeichen waren gering erhöht. Familienanamnestisch war der Großvater der Patientin mit 50 Jahren an einem Cholangiozellulären Karzinom verstorben.

Sonographisch zeigte sich eine massive Dilatation von Ductus hepatocholedochus (DHC) und zentralen Gallenwegen (> 20 mm), die Gallenblase war steinfrei. Ein Steinnachweis im DHC war bei Luftüberlagerung und schmerzgeplagter Patientin nicht möglich. Da die Patientin am späten Samstagabend vorgestellt wurde, war eine MRCP nicht möglich. Alternativ wurden eine CT oder Endosonografie diskutiert. Da eine Entlastung der massiv dilatierten Gallenwege bei V.a. biliäre Pankreatitis und stärkster Schmerzen unabhängig von der Ätiologie angezeigt war, entschieden wir uns auch ohne Steinnachweis zur primären ERCP. Zur Sicherheit erfolgte vorher eine ÖGD.

Die ERCP wurde in Vollnarkose durchgeführt, die Maneuvrierung des Endoskops gelang problemlos. Beim Versuch der Bauchlagerung kam es allerdings zum Abknicken des Tubus mit Sättigungsabfall, weshalb die Untersuchung unterbrochen werden musste.

Die Papille stellte sich klaffend dar, spontan entleerte sich dunkle Galle. Nach selektiver Sondierung des Gallengangs bestätigte sich die massive Cholestase mit DHC und zentralen Gallenwegen > 20 mm. Präpapillär stellte sich ein 8 mm großes Konkrement dar. Die Papille wurde mit einem konventionellen Papillotom eröffnet. Im Anschluss konnten mit dem Ballonsystem große Mengen eines weichen, brüchigen, gallertartigen Materials geborgen werden. Die erneute Darstellung zeigte den DHC deutlich verschlankt ohne Restkonkrement bei weiterhin dilatierten zentralen Gallenwegen. Zur Abflusssicherung wurde ein 10 F 3 cm Doppelpigtail-Stent eingelegt. Im Verlauf war die Patientin rasch beschwerdefrei und konnte nach 4 Tagen entlassen werden. Eine Kontroll-Sonografie vor Entlassung ergab einen noch erweiterten DHC bei inzwischen verschlankten intrahepatischen Gallenwegen. Eine MRCP ist elektiv geplant und steht derzeit noch aus.

Die ERCP beim Kind ist eine Ausnahmesituation für Patient und Untersucher, die Indikation sollte daher streng gestellt werden.

Wir stellten die Diagnose einer Choledochozele Typ I, einer kongenitalen zystischen Veränderung der Gallenwege, die sich auf Teile oder den gesamten DHC erstreckt. Die zystischen Erweiterungen der Gallenwege werden nach TODANI eingeteilt (I-V, vgl. Abbildung 1). In 40 – 80% sind sie mit einer abnormen Mündung von Gallen- und Pankreasgängen vergesellschaftet („pancreatic biliary maljunction“), was eine chronische lokale Entzündung und im Falle einer ERCP ein erhöhtes Pankreatitisrisiko bedingt. Prognostisch besteht zudem ein erhöhtes Risiko für Cholangiozelluläre Karzinome, wie beim Großvater der Patientin berichtet. Im Anschluss an die MRCP ist daher eine Resektion geplant.