Geburtshilfe Frauenheilkd 2018; 78(06): 619-620
DOI: 10.1055/s-0038-1655530
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Randomisierte Studie zum Vergleich der operativen mit der medikamentösen Behandlung der Drang- und Mischinkontinenz (URGE 1 Studie)

W Jäger
1   Frauenklinik der Universität zu Köln, Kerpenerstr. 34, 50931 Köln
,
S Ludwig
1   Frauenklinik der Universität zu Köln, Kerpenerstr. 34, 50931 Köln
,
M Stumm
1   Frauenklinik der Universität zu Köln, Kerpenerstr. 34, 50931 Köln
,
P Mallmann
1   Frauenklinik der Universität zu Köln, Kerpenerstr. 34, 50931 Köln
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Publication History

Publication Date:
25 June 2018 (online)

 

Einleitung:

Die überaktive Blase gibt es nur bei Menschen. Sonstige Lebewesen kennen dieses Problem nicht. Außerdem treten die Symptome nicht nachts (im Liegen) auf, sondern nur bei aufrechter Körperhaltung. Dies führte Ulmsten und DeLancey bereits 1992 zu der Hypothese, dass die anatomische Aufhängung der Blase ursächlich an der Entstehung der Urininkontinenz beteiligt sein muss.

Diese Hypothese sagte voraus, dass durch den Ersatz der Uterosacral-Ligamente (USL) eine zumindest teilweise Wiederherstellung der Kontinenz möglich sein sollte.

Wir haben zur Prüfung dieser These ein standardisiertes Operationsverfahren entwickelt, mit dem wir die USL bei Patientinnen mit Drang- (UUI) oder Mischinkontinenz (MUI) ersetzen können. Diese Form der operativen Korrektur des Level 1 der Scheide wurde mit der medikamentösen Standardbehandlung der „Überaktiven Blase“ mit Inkontinenz geprüft.

Methode:

Aufnahmekriterien: Drang- oder Mischinkontinenz, bisher unbehandelt, keine Voroperationen an der Scheide, Zustimmung zur Studie.

Die Diagnose der UUI oder MUI erfolgte nach den Standardkriterien der Kontinenzgesellschaft. Als besonderen Gesichtspunkt haben wir das Zeitintervall zwischen „erstem Harndrang und tatsächlichem Urinverlust“ ermittelt, indem wir unterteilten in: < 3 Minuten: „muss alles stehen und liegen lassen, um die Toilette evtl. noch trocken zu errreichen!“ und > 10 Minuten: „kann meine Arbeit noch zu Ende führen und erreiche problemlos die Toilette ohne vorherigen Urinverlust“.

Solifenacin wurde in der Dosis 10 mg/Tag verabreicht, die CESA oder VASA Operationen wurden standardisiert per Laparotomie durchgeführt (www. cesa-vasa.com). Die Beurteilung der Behandlungsergebnisse erfolgte aufgrund der 4 Monatsuntersuchungen.

Die Studie wurde auf Empfehlung der Ethik-Kommission nach einer Zwischenanalyse nach 96 Patientinnen beendet.

(ClinicalTrails.gov Identifier: NCT01737411).

Ergebnisse:

96 Patientinnen erteilten die Zustimmung zur Randomisation. Alle Patientinnen waren nicht mehr in der Lage, bei erstem Harndrang noch länger als 10 Minuten warten zu können, die meisten mussten sofort zur Toilette und verloren den Urin schon oftmals vorher (< 3Minuten). 41 Patientinnen hatten bis zum vorzeitigen Abbruch der Studie Solifenacin genommen und 55 Patientinnen waren operiert worden. 23 Patientinnen (42%) waren nach der Operation wieder vollkommen kontinent, dagegen nur eine Patientin (3%) unter Solifenacin. Bei diesen 23 Patientinnen war nach der Operation auch wieder eine normofrequente Miktion (bei 1,5 l tägl. Trinkmenge) und keine Inkontinenzepisoden mehr nachweisbar. Unter Solifenacin ergab sich nur bei 4 Patientinnen eine Besserung der Symptome.

Diese Unterschiede waren so eindrücklich (p < 0,001), dass die Ethikkommission der Universität den Abbruch der Studie empfahl.

Schlussfolgerungen:

Die Hypothese des defekten Blasenhalteapparates als Ursache der Inkontinenz führte zu der Vorhersage, dass die korrekte Funktion der USL zu einer Wiederherstellung der Kontinenz führen sollte. Dies war bei 42% der Patientinnen der Fall. Das ist die bisher eindrucksvollste Bestätigung einer Hypothese zur Ätiologie und Behandlung der Urininkontinenz der Frau. Als logischer nächster Schritt sollte der Effekt der anatomischen Korrektur der anderen Level z.B. durch ein TOT überprüft werden.