Zusammenfassung
Die physiologischen Eigenschaften des Blutgerinnsels beruhen zu einem wesentlichen
Teil auf seiner mechanischen Festigkeit. Seine Struktur wird primär bestimmt durch
die Komponenten Fibrin und Thrombozyten. Wie sich in Untersuchungen mit dem Thrombelastographen
und mit der Retraktion im Glase gezeigt hat, ist aber ein Gerinnsel, das aus Fibrinogen
und Blutplättchen unter Zusatz von Thrombin und Calcium entstanden ist, von vergleichsweise
minimaler mechanischer Festigkeit und nicht retrahierbar. Erst die Hinzufügung von
Serum läßt ein normal festes und retrahierendes Gerinnsel entstehen.
Es wurde früher festgestellt, daß für diese Funktion des Serums offenbar ein eigenes,
nicht mit einem der bekannten Gerinnungsfaktoren identisches Prinzip verantwortlich
ist.
In den vorliegenden Untersuchungen wurde gefunden, daß dieser Faktor offenbar aus
zwei Komponenten besteht, deren eine als Eiweißkörper, deren andere als physiologisches
Ionenmilieu des Blutes charakterisiert ist. Der Proteinanteil dieses als Retraktions-Cofaktor
bezeichneten Prinzips ist (a) relativ stabil gegen Lagerung und gegen Erhitzen, (b)
instabil bei längerem Einfrieren; er ist (c) nicht adsorbierbar an Bariumsulfat, Bariumcarbonat
und Aluminiumhydroxyd; (d) er gewinnt seine volle Aktivität erst während des Gerinnungsvorganges,
gleichsinnig mit dem Prothrombinverbrauch; (e) sein isoelektrischer Punkt liegt bei
pH 5,1 bis 5,3; (f) Serumpräzipitat von pH 5,1 bis 5,3 gewinnt bei Lösung in Kochsaft
oder Uberstand seine Aktivität zurück.
Der Retraktions-Cofaktor ist ein Teilfaktor für die Entstehung der physiologischen
Festigkeit des Blutgerinnsels. Ein ohne seine Mitwirkung entstandenes Fibringerinnsel
ist extrem weich und retrahiert auch in Anwesenheit intakter Thrombozyten nicht.
Es läßt sich gegenwärtig noch nicht entscheiden, ob der Retraktions-Cofaktor neben
der Verfestigung des Gerinnsels nur die Substratspezifität der Fibrinstruktur für
den RetraktionsVorgang bewirkt, oder ob er auch ein Cofaktor des Plättchen-Retraktozyms
ist.
Die Retraktion des Blutgerinnsels erscheint ohne einen Strukturwandel des Fibrins
nicht möglich. Es wird daher die Hypothese aufgestellt, daß die mit den Plättchen
in Berührung stehenden Anteile der Fibrinfasern sich an deren viskoser Metamorphose
beteiligen und auf diese Weise verkürzt werden.