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DOI: 10.1055/s-0038-1660622
Wolf-Hirschhorn-Syndrom mit Aortenhypoplasie bei unterbrochenem Aortenbogen Typ B – ein Fallbericht
Publication History
Publication Date:
06 June 2018 (online)
Einleitung:
Eine 36jährige VG/IIP (Z.n. Sectio, Z.n. Spontanpartus) stellte sich mit 14+5 SSW erstmals in unserer Pränatalsprechstunde (DEGUM II) zur feindiagnostischen Abklärung vor. Sonografisch zeigte sich ein ausgeprägtes, septiertes Hygroma colli mit Hydrops fetalis, eine Wachstumsrestriktion (Wachstum an der 5. Perzentile), sowie eine Aortenhypoplasie mit Malalignement VSD. Eine invasive Diagnostik wurde empfohlen, aber von der Patientin abgelehnt. Die Patientin stellte sich daraufhin wöchentlich in unserer Sprechstunde zur sonographischen Betreuung vor. Ab der 32. SSW wurde sie zur Geburtsplanung am nächsten Universitätsklinikum mit herzchirurgischer Abteilung angebunden. Dort wurde der V.a. unterbrochenen Aortenbogen Typ B gestellt.
Patientenvorstellung:
„Lilly“ wurde nach zwei Tagen Einleitung mit 37 + 2 SSW aus einer Vorderhauptslage spontan geboren; sie wog 1830 g bei einer Länge von 42,5 cm und einem Kopfumfang von 28,5 cm, Apgar 8/8/9, NA-pH 7,29, BE-1,2. Echokardiographisch bestätigte sich die pränatale Verdachtsdiagnose einer hypoplastischen Aortenklappe und Aorta aszendens bei unterbrochenem Aortenbogen Typ B, einer A. lusoria mit Abgang der rechten A. subclavia aus der deszendierenden Aorta und einem Malalignement VSD. Zusätzlich zeigte sich eine Hepatomegalie sowie eine rudimentäre Milzanlage, die beim Nachweis von Howell Jolly Körperchen auch als funktionelle Asplenie zu werten war. Das ZNS war sonographisch unauffällig, allerdings zeigte sich in der augenärztlichen Untersuchung ein Iriskolobom.
Resultate:
Im klinischen humangenetischen Konsil ergab die weiterführende Chromosomenanalyse schließlich eine terminale Deletion am kurzen Arm von Chromosom 4, was einer partiellen terminalen Monosomie 4 p und damit einem Wolf-Hirschhorn-Syndrom entspricht. Postpartal war Lilly kardiorespiratorisch zunächst stabil. In der ersten Nacht kam es jedoch gehäuft zu Sättigungsabfällen mit Bradykardien, sodass eine Atemunterstützung mit CPAP begonnen wurde. Hierunter zeigte sich eine Stabilisierung, allerdings kam es weiterhin zu SpO2-Abfällen, welche an Häufigkeit zunahmen, sodass sich langsam eine respiratorische Azidose einstellte. Bei weiterer respiratorischer Verschlechterung erfolgte die Indikation zur Intubation. Eine Woche nach Geburt kam es schließlich zum Kreißlaufstillstand und Exitus letalis.
Diskussion:
Beim Wolf-Hirschhorn-Syndrom, das seit 1965 bekannt und nach Ulrich Wolf und Kurt Hirschhorn benannt ist, handelt es sich um eine seltene hereditäre Erkrankung, die durch eine strukturelle Chromosomenaberration am kurzen Arm des Chromosom 4 (Bande 4p16.3) bedingt ist. Leitsymptom ist Minderwuchs verbunden mit einer extremen Verzögerung der geistigen und körperlichen Entwicklung, sowie eine Kombination unterschiedlicher Fehlbildungen. In der gesamten Literatur bis 1998 wird insgesamt über 120 dokumentierte Fälle berichtet. Mädchen sind häufiger betroffen als Jungen. Etwa 85 – 87 % sind de novo Deletionen im väterlichen Chromosom, bis zu 15% werden durch sogenannte balancierte Translokationen bei einem Elternteil verursacht. Hierbei beträgt das Wiederholungsrisiko 50% für alle weiteren Kinder.