Geburtshilfe Frauenheilkd 2018; 78(06): A61
DOI: 10.1055/s-0038-1660645
Postersession: Samstag, 9. Juni 2018: 10.30 – 11.30 Uhr, Foyer
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Das Dilemma der Schwangeren in Deutschland zwischen dem Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mutter und Arbeitgebern

M Hesse
1   Frauenarztpraxis Dr. med. Martin Hesse, Schwerpunkt Pränataldiagnostik DEGUM II, Harztor
› Institutsangaben
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
06. Juni 2018 (online)

 

Zielsetzung:

Schwanger am Arbeitsplatz – was Arbeitgeber wissen müssen → und Ärzte noch mehr! Die Firma muss den Arbeitsplatz von Frauen, die ein Kind erwarten, an ihre körperliche Belastung anpassen. Riskante Tätigkeiten sind ganz verboten. Auch nach Neufassung des MuSchG zum 01.01.2018.

Materialien:

  • Gesetz zur Neuregelung des Mutterschutzrechts, BGBl, Nr. 30 vom 29.5.2017

  • Industrie- und Handelskammer Erfurt – Wirtschaftsmagazin 27. Jahrgang Nr. 12/2017, Seite 20 – 21

  • Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 9. Oktober 2002, Az.: 5 AZR 443/01

Resultate:

Die Ausstellung eines Beschäftigungsverbotes (BV) darf niemals von den finanziellen Interessen der Beteiligten abhängig gemacht werden: Die Angestellte muss beim Krankengeld mit einer Einkommensminderung rechnen, dem Arbeitgeber werden von der Kasse Gehalt incl. SV-Arbeitgeberanteil erstattet.

Das ärztliche Zeugnis über ein individuelles BV nach §3 Abs. 1 Mutterschutzgesetz kann und darf der behandelnde Arzt nur dann ausstellen, wenn nach ärztlicher Einschätzung Leben und Gesundheit von Mutter und Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet sind.

Geht es um Arbeitsabläufe und Gefährdungen am Arbeitsplatz (generelles BV nach §4 Mutterschutzgesetz) und sollte nicht von vornherein die Notwendigkeit eines individuellen Beschäftigungsverbotes erkennbar sein, sollte die Schwangere zunächst an den Betriebsarzt oder die zuständige Aufsichtsbehörde verwiesen werden.

Diskussion:

Vom individuellen BV zu unterscheiden ist die Arbeitsunfähigkeit, welche entweder aus einer Erkrankung oder einem Unfall ohne Kausalzusammenhang zur Schwangerschaft entsteht oder sich aufgrund eines pathologischen Schwangerschaftsverlaufs entwickelt (zum Beispiel vorzeitige Wehentätigkeit, Blutungen, Gestosen). Arbeitsunfähigkeit (AU) liegt nach der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses vor, wenn die Versicherte aufgrund von Krankheit ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann (§2 Absatz 1 Satz 1 AU-Richtlinie). Entscheidend ist also, dass hier Beschwerden vorliegen, welche einen Krankheitswert haben (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 9. Oktober 2002, Az.: 5 AZR 443/01).