Psychother Psychosom Med Psychol 2018; 68(08): e3-e4
DOI: 10.1055/s-0038-1667879
SYMPOSIEN
Nachwuchssymposium – Junge Perspektiven der Medizinischen Soziologie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die „zwei Realitäten“ der Implementierung und Wirksamkeit von schulischer Tabakkontrolle – eine vergleichende Mixed Methods-Studie aus Schüler- und Lehrersicht

L Buchenauer
1   Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Medizinische Soziologie, Halle (Saale), Deutschland
,
E Kohler
1   Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Medizinische Soziologie, Halle (Saale), Deutschland
,
M Mlinarić
1   Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Medizinische Soziologie, Halle (Saale), Deutschland
,
L Hoffmann
1   Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Medizinische Soziologie, Halle (Saale), Deutschland
,
M Richter
1   Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Medizinische Soziologie, Halle (Saale), Deutschland
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Publication History

Publication Date:
06 August 2018 (online)

 

Einleitung:

Die Hälfte aller Raucher in Europa beginnt vor dem 18. Lebensjahr mit dem Konsum von Tabak. Aufgrund des niedrigen Einstiegsalters stellen Schulen ein wichtiges Setting zur Implementierung von Tabakkontrollmaßnahmen dar. Durch die existierenden Maßnahmen konnten jedoch noch nicht die Ziele der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung erreicht werden. Daher exploriert die vorliegende Studie, wie Schüler Zugang zu Tabakerzeugnissen erlangen, welche Orte sie zum Tabakkonsum wählen und wie sie Tabakkontrollmaßnahmen und damit einhergehende Sanktionen an ihrer Schule bewerten. Dies wird den Einstellungen von Lehrern zu diesen Praktiken sowie deren Durchsetzbarkeit gegenübergestellt, mit dem Ziel, Handlungsempfehlungen für eine optimierte Tabakprävention auf Schulebene abzuleiten.

Material & Methoden:

Die Mixed Methods-Studie ist Teil eines EU-Projektes, das die Implementierung von Tabakkontrollmaßnahmen in 7 Ländern untersucht. Der quantitative Part umfasst Fragebögen aus Deutschland (n = 483) für rauchende Schüler der Jahrgangsstufen 8 und 9, die deskriptiv analysiert wurden. Mittels halb-strukturierter Leitfäden wurden qualitative Interviews (n = 14) mit Lehrern sowie Fokusgruppendiskussionen (n = 8) mit Schülern verschiedener Sekundarschulen in Hannover durchgeführt. Die Interviews und Fokusgruppen wurden induktiv mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet.

Ergebnisse:

Mehr als ein Drittel (37,5%) der rauchenden Schüler gab an, nur unmittelbar außerhalb der Schule zu rauchen. Aus den Fokusgruppen ergab sich, dass Schüler außerhalb des Schulgeländes rauchen, da sie auf diese Weise nicht mit Sanktionen zu rechnen haben. Ferner bewerten sie den Zugang zu Zigaretten als leicht. Die Lehrer sehen nur bedingt ihre Verantwortlichkeit für das Rauchen der Schüler.

Diskussion:

Verglichen mit aktuellen Befunden zu Tabakkontrollmaßnahmen an Schulen ist festzustellen, dass eine Reihe präventiver Maßnahmen, die das Rauchen bei Jugendlichen reduzieren könnten, in Deutschland nicht konsequent etabliert sind. So führt etwa die mangelnde Bereitschaft seitens der Lehrer Tabakkonsum zu sanktionieren dazu, dass Schüler die Risiken des Rauchens unterschätzen und die – in den letzten Jahren vorangetriebene – De-Normalisierung des Tabakkonsums stagniert.

Schlussfolgerung:

Die Durchsetzung von Tabakkontrolle und -prävention auf Schulebene wird seitens der Schüler als nicht ausreichend empfunden und gleichzeitig von Lehrerseite nicht konsequent durchgesetzt.