Psychother Psychosom Med Psychol 2018; 68(08): e5
DOI: 10.1055/s-0038-1667882
SYMPOSIEN
Nachwuchssymposium – Junge Perspektiven der Medizinischen Soziologie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Der Einfluss sozialer Isolation auf die subjektive Gesundheit. Bestehen Unterschiede nach Geschlecht, Einkommen und finanziellen Sorgen?

N Seifert
1   Martin- Luther Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät, Institut für Medizinische Soziologie, Halle (Saale), Deutschland
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Publication Date:
06 August 2018 (online)

 

Einleitung:

Obgleich soziale Isolation zunehmend als Public-Health-Problem wahrgenommen wird, bleibt unklar, ob sie tatsächlich eine Ursache von Gesundheit und Krankheit ist und ob die Auswirkungen für alle Bevölkerungsgruppen ähnlich sind. Dieser Beitrag untersucht, (a) ob ein negativer Einfluss der sozialen Isolation auf die subjektive Gesundheit verbleibt, wenn Verzerrungen durch unbeobachtete Heterogenität ausgeschlossen werden und (b) in welchem Ausmaß dieser Einfluss durch das Geschlecht, der relativen Einkommensposition und finanzielle Sorgen moderiert wird.

Material & Methoden:

Die Analysestichprobe (NPersonen= 29.200, NBeobachtun- gen = 141.399, 30 Jahre und älter) wurde dem Sozio-ökonomischen Panel (SOEP) der Jahre 1992 bis 2015 entnommen. Soziale Isolation wurde über einen binären Indikator gemessen, der Aspekte der sozialen Lebensform (Haushaltskomposition und Partnerschaftsstatus), mit der sozialen Kontakthäufigkeit verknüpfte. Die Messung der subjektiven Gesundheit erfolgte über die Selbsteinschätzung der allgemeinen Gesundheit. Lineare Wahrscheinlichkeitsmodelle mit fixen Effekten wurden geschätzt, um die Risikodifferenz für eine schlechte Gesundheit in derselben Person vor und nach Übergängen in die oder aus der sozialen Isolation zu schätzen. Dieser Effekt kann folglich nicht durch unbeobachtete Heterogenität zwischen sozial isolierten und integrierten Personen verzerrt sein.

Ergebnisse:

Der negative Einfluss der sozialen Isolation reduzierte sich nach Berücksichtigung der unbeobachteten Heterogenität nur marginal. Soziale Isolation erhöhte das Risiko einer schlechten Gesundheit um 4,4 Prozentpunkte, wobei die Effektstärke nicht signifikant zwischen Männern und Frauen variierte. Der Effekt fiel besonders stark aus, wenn eine Person gleichzeitig in der niedrigsten Einkommensposition war oder finanzielle Sorgen berichtete. Besonders starke Auswirkungen zeigten sich tendenziell auch in der höchsten Einkommensposition.

Diskussion:

Obwohl die negativen Auswirkungen sozialer Isolation auf die subjektive Gesundheit allgemein als eher schwach einzustufen sind, scheint deren Stärke stark mit den sozioökonomischen Lebensbedingungen zu variieren.

Schlussfolgerung:

Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse scheinen Interventionen, die auf die Stärkung sozialer Netzwerke abzielen und zugleich die Vulnerabilität der verschiedenen Bevölkerungsgruppen berücksichtigen, ein vielversprechendes Unterfangen für die Förderung der Gesundheit in Deutschland zu sein.