Psychother Psychosom Med Psychol 2018; 68(08): e27-e28
DOI: 10.1055/s-0038-1667944
SYMPOSIEN
Versorgungsforschung im Alter
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Vielnutzung hausärztlicher Versorgung im Alter – eine systematische Literaturübersicht europäischer Studien

F Welzel
1   Universität Leipzig, Medizinische Fakultät, Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP), Leipzig, Deutschland
,
J Stein
1   Universität Leipzig, Medizinische Fakultät, Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP), Leipzig, Deutschland
,
A Hajek
2   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung, Hamburg, Deutschland
,
HH König
2   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung, Hamburg, Deutschland
,
S Riedel-Heller
1   Universität Leipzig, Medizinische Fakultät, Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP), Leipzig, Deutschland
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Publication History

Publication Date:
06 August 2018 (online)

 

Einleitung:

Hausärztliche Vielnutzer sind Personen mit einer überdurchschnittlich hohen Inanspruchnahme des Gesundheitssystems und verantwortlich für eine überproportional hohe Arbeitsauslastung in der hausärztlichen Versorgung. Ältere Menschen sind in der Gruppe der Vielnutzer deutlich überrepräsentiert. In zunehmend älter werdenden Gesellschaften hat diese Entwicklung bedeutsame Konsequenzen auf die zukünftige Auslastung von Hausarztpraxen und Gesundheitskosten. Ziel dieser Arbeit war es, einen systematischen Überblick über den bisherigen Forschungsstand zur Vielnutzung der hausärztlichen Versorgung in der Altersgruppe der alten und hochaltrigen Menschen zu leisten.

Methoden:

Es erfolgte eine systematische Literatursuche in den Datenbanken PubMed, PsychInfo, Web of Sciene, PubPsych und Cochrane Library nach europäischen Studien, die Ergebnisse zur Vielnutzung der hausärztlichen Versorgung bei älteren Menschen präsentierten. Die methodische Qualität der Studien wurde anhand einer 13 Kriterien umfassenden Checkliste beurteilt.

Ergebnisse:

Insgesamt konnten 10 Studien in die Übersichtsarbeit einbezogen werden. Bei einem Großteil der Studien handelte es sich um Querschnittsuntersuchungen. Die Beurteilung der Studienqualität ergab eine überwiegend moderate bis hohe methodische Qualität der eingeschlossenen Studien. Der durchschnittliche Anteil älterer Vielnutzer variierte zwischen 10% – 33%. Die Kriterien, ab wann jemand zu den Vielnutzern zählte, variierten erheblich über die Studien. Übereinstimmungen fanden sich für Zusammenhänge zwischen Vielnutzung und Schwere sowie Anzahl körperlicher Erkrankungen und dem Vorhandensein psychischer Symptome; letztere fielen jedoch weniger deutlich aus. Wenige Studien untersuchten den Zusammenhang zwischen Vielnutzung und weiteren Aspekten wie Medikamenteneinnahme, sozialer Unterstützung oder soziodemografischen Merkmalen. Ergebnisse hierzu fielen zudem heterogen aus.

Fazit:

Multimorbidität und psychische Beeinträchtigungen dienen als wesentliche Triebfedern für eine überproportionale Inanspruchnahme hausärztlicher Versorgungsleistungen und verweisen auf überwiegend begründete und notwendige Bedürfnisse nach häufigen Arztkontakten bei älteren Menschen. Eine hohe Prävalenz von Polypharmazie und die Bedeutung psychischer Beeinträchtigungen für die hohe Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen bieten Ansatzpunkte für eine Prävention unnötiger Vielnutzung in dieser Altersgruppe. Trotz seiner zukünftigen Bedeutung für die Auslastung von Hausarztpraxen und Gesundheitskosten ist dieser Forschungsbereich bisher unzureichend erforscht und bedarf insbesondere weiterer Längsschnittstudien.