Psychother Psychosom Med Psychol 2018; 68(08): e51
DOI: 10.1055/s-0038-1668011
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Arbeitnehmer mit chronischen Erkrankungen im Entscheidungsdilemma – Individuelle Unterstützung durch eine digitale Reflexionshilfe zur Offenbarung gesundheitlicher Beeinträchtigungen im Arbeitsleben

V Chakraverty
1   Universität zu Köln, Lehrstuhl für Arbeit und Berufliche Rehabilitation, Köln, Deutschland
,
JF Bauer
1   Universität zu Köln, Lehrstuhl für Arbeit und Berufliche Rehabilitation, Köln, Deutschland
,
L Jakob
1   Universität zu Köln, Lehrstuhl für Arbeit und Berufliche Rehabilitation, Köln, Deutschland
,
M Niehaus
1   Universität zu Köln, Lehrstuhl für Arbeit und Berufliche Rehabilitation, Köln, Deutschland
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Publication History

Publication Date:
06 August 2018 (online)

 

Einleitung:

Viele Arbeitnehmer mit chronischen Erkrankungen stehen im Laufe ihres Berufslebens vor der Frage, ob und wie sie Aspekte ihrer Erkrankung auf der Arbeit offenbaren sollen. Die Entscheidung kann leicht zur Überforderung werden, da sowohl eine Offenbarung als auch eine Nichtoffenbarung sich ebenso positiv wie auch negativ auf Gesundheit und Arbeitsfähigkeit auswirken können. Ziel des Projektes ist daher die Entwicklung einer Reflexionshilfe, die Betroffene in der Entscheidungsfindung unterstützt. In der ersten Projektphase wurden Format, Struktur und Inhalt der Reflexionshilfe bestimmt.

Material & Methoden:

In einem mehrstufigen Prozess wurde die Analyse theoretischer Rahmenmodelle und empirischer Befunde mit eigenen Datenerhebungen kombiniert. Die Datenerhebungen bestanden aus einer quantitativen Onlinebefragung bei 274 chronisch erkrankten Arbeitnehmern und Experteninterviews mit relevanten Akteuren (z.B. Betriebsärzte, Betroffene, Arbeitgeber und Schwerbehindertenvertretungen).

Ergebnisse:

Vorhandene Forschung und die eigenen Daten machen die hohe Komplexität und Individualität der Entscheidung deutlich. Um den individuellen Reflexionsprozess auch bei Personen zu unterstützen, die (noch) nicht für eine persönliche Beratung bereit sind, erscheint ein niedrigschwelliges interaktives Onlineangebot sinnvoll. Im Einklang mit Motivations- und Entscheidungstheorien wird eine dreigeteilte Struktur für die Inhalte der Reflexionshilfe angestrebt: Erstens Information zu positiven und negativen Konsequenzen einer (Nicht-)Offenbarung sowie deren Wahrscheinlichkeiten in individuellen Kontexten, zweitens Reflexion über Ressourcen zum Umgang mit Konsequenzen und drittens Exploration persönlicher Werte und Entscheidungsvorlieben.

Diskussion:

Neben ihrer praktischen Relevanz wird die Reflexionshilfe auch empirische Einblicke in ein bisher wenig erforschtes Themenfeld ermöglichen. In allen weiteren Projektphasen werden Betroffene, Selbsthilfe und relevante Akteure einbezogen, um Nützlichkeit und Akzeptanz der Reflexionshilfe sicherzustellen.

Schlussfolgerung:

Die geplante Online-Reflexionshilfe soll Arbeitnehmer mit chronischen Erkrankungen niedrigschwellig, wissenschaftlich fundiert und praxisnah bei einer informierten und individuell guten Entscheidung für oder gegen eine Offenbarung unterstützen. Damit kann sie langfristig auch zur Förderung von Gesundheit und Arbeitsfähigkeit Betroffener beitragen.