Psychother Psychosom Med Psychol 2018; 68(08): e57
DOI: 10.1055/s-0038-1668028
POSTER
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Finanzielle Auswirkungen einer Krebserkrankung in Deutschland – eine qualitative Studie

SL Schröder
1   Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät, Institut für Medizinische Soziologie, Halle (Saale), Deutschland
,
N Schumann
1   Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät, Institut für Medizinische Soziologie, Halle (Saale), Deutschland
,
A Fink
1   Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät, Institut für Medizinische Soziologie, Halle (Saale), Deutschland
,
M Richter
1   Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät, Institut für Medizinische Soziologie, Halle (Saale), Deutschland
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
06 August 2018 (online)

 

Einleitung:

Eine Krebserkrankung ist nicht nur mit physischen und psychischen, sondern ebenso mit finanziellen Auswirkungen verbunden, die vor dem Hintergrund steigender Überlebensraten immer relevanter werden. Für Deutschland liegen bislang kaum Daten zu den finanziellen Auswirkungen einer Krebserkrankung vor. Ziel der von der Deutschen Krebshilfe geförderten qualitativen Studie ist es, die Erfahrungen von Krebspatienten zu finanziellen Auswirkungen zu explorieren.

Material & Methoden:

Die Rekrutierung der Patienten und Durchführung semistrukturierter Interviews erfolgt zwischen Mai 2017 und April 2018. Eingeschlossen werden Patienten ab einem Alter von 30 Jahren mit den Krebsentitäten Darm, Lunge, Brust oder Prostata, deren Akutbehandlung abgeschlossen ist. Kontrastierende Fälle (bzgl. Krebsentität, Behandlungsstand) werden berücksichtigt. Aktuell wurden 36 Patienten mithilfe eines semistrukturierten Leitfadens befragt. Die Auswertung erfolgt inhaltsanalytisch.

Ergebnisse:

Der Großteil der Patienten berichtet von geringeren Einnahmen und/oder höheren gesundheitsbezogenen Ausgaben aufgrund der Krebserkrankung. Im Sozialversicherungssystem wird dies begrenzt durch das Krankengeld und die Zuzahlungsbefreiung. Teilweise werden die Auswirkungen jedoch nicht abgefedert, z.B. bei selbstständiger Nebentätigkeit, Pflege Angehöriger, zum Ende des Krankengeldbezugs und bei Gesundheitskosten, die nicht auf den Selbstbehalt angerechnet werden. Darüber hinaus erleben Patienten Veränderungen der Haushalts- und Freizeitausgaben. Hier ergeben sich u.a. Einsparungen durch krankheitsbedingt geringere Benzin- oder Freizeitausgaben, aber auch höhere Ausgaben für Energie, Lebensmittel und fürs Wohlbefinden. Die Auswirkungen werden von den Patienten ausgeglichen, indem Ausgaben für Hobbys oder die Altersvorsorge eingeschränkt und Ersparnisse aufgebraucht werden, Geld geliehen oder Schulden aufgebaut werden.

Diskussion:

Das Projekt stellt erstmals für Deutschland umfassende Daten zu den finanziellen Auswirkungen einer Krebserkrankung bereit, die es ermöglichen, die Relevanz der Belastungen für Leistungserbringer und Gesundheitspolitik zu verdeutlichen und Risikogruppen zu identifizieren.

Schlussfolgerung:

Mit dem Ziel, die finanzielle Belastung für die Patienten zu verringern, sollte sich die psychoonkologische Beratung künftig verstärkt auf Patienten konzentrieren, bei denen die finanziellen Auswirkungen nicht vom Sozialversicherungssystem aufgefangen werden.