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DOI: 10.1055/s-0038-1670394
Postnatale Diagnose eines familiären Nijmegen-Breakage-Syndrom – pränatale Mikrozephalie/Ventrikulomegalie als Ausdruck einer syndromalen Erkrankung mit schwieriger Beratungssituation
Authors
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
24. Oktober 2018 (online)
Einführung:
Die Beratung von Paaren bei isolierten Hirnfehlbildungen ist individuell schwierig aufgrund der unklaren Prognose. Die Fortschritte in der Humangenetik tragen inzwischen zur Klärung der Ursachen vieler fetaler Fehlbildungen bei, die noch vor wenigen Jahren nicht diagnostiziert werden konnten. Die schwierige Beratungssituation wird anhand eines komplexen Falles demonstriert.
Kasuistik:
32-jährige III Gravida, I Para. 2008 induzierter Spätabort bei fetaler Schizenzephalie „open lips“, damalige genetische Diagnostik ohne auffälliges Ergebnis. 2009 Geburt einer gesunden Tochter. 3. Schwangerschaft, 18+4 SSW: fetale Mikrozephalie, Ventrikulomegalie von 15 mm bds., Retrognathie. Ammniocentese: unauffälliges Karyogramm. Bei persistierender Mikrozephalie Abortinduktion bei 20+6 SSW. wegen dringendem V.a. autosomal rezessive syndromale Erkrankung mit schlechter Prognose. Bei unklarer endgültiger Diagnose extrem schwierige Beratungssituation und hohe Belastung für das Paar. Nach 4 Wochen schließlich Diagnosestellung eines Nijmegen-Breagake-Syndroms (NBS) mittels PANEL-Diagnostik. Bei den Eltern wird der Überträgerstatus nachgewiesen, an asservierter DNA des ersten Kindes kann auch ein NBS belegt werden.
Nijmegen-Breakage-Syndrom (NBS):
Das NBS ist ein Chromosomenbruch-Syndrom (Ataxia-teleangiektasie-Variante) mit unterschiedlichen Hirn- & Gesichtsfehlbildungen, geistiger Retardierung, Wachstumsverzögerung, Immundefizit und besonders hoher Malignomneigung mit sehr schlechter Prognose. Es tritt mit einer Häufigkeit von etwa 1:100000 auf, Betroffene erreichen nur selten das Erwachsenenalter. Eine extrem hohe Strahlensensibiltät ist beschrieben, auch für heterozygote Mutationsträger ist ein erhöhtes Karzinomrisiko, besonders nach Strahlenbelastung beschrieben. Das Wiederholungsrisiko beträgt 25% für Folgeschwangerschaften.
Schlussfolgerung:
Die Beratung bei isolierter fetaler Hirnfehlbildung bleibt aufgrund der oft unklaren Prognose eine Herausforderung. Durch die Fortschritte in der humangenetischen Diagnostik können inzwischen die Ursachen von Fehlbildungen auch noch nach mehreren Jahren geklärt werden. Die Diagnose des NBS ist auch für die Überträger relevant, eine unnötige Strahlenbelastung sollte vermieden werden, ein Monitoring für Karzinome kann angeboten werden.

