Geburtshilfe Frauenheilkd 2018; 78(10): 169
DOI: 10.1055/s-0038-1671262
Poster
Donnerstag, 01.11.2018
Case-Report V
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Postpartale Immunglobulingabe zur Schubprophylaxe bei einer Multiple Sklerose-Patientin mit Stillwunsch – ein Case Report

J Stuckenschneider
1   Klinikum Augsburg, Frauenklinik, Augsburg, Deutschland
,
S Brand
1   Klinikum Augsburg, Frauenklinik, Augsburg, Deutschland
,
A Bayas
2   Klinikum Augsburg, Neurologische Klinik und klinische Neurophysiologie, Augsburg, Deutschland
,
M Franitza
1   Klinikum Augsburg, Frauenklinik, Augsburg, Deutschland
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
20 September 2018 (online)

 

Multiple Sklerose ist eine Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems, die häufig Frauen im reproduktionsfähigen Alter betrifft. Postpartal, insbesondere in den ersten drei Monaten nach Entbindung, ist bei Patientinnen mit multipler Sklerose ein signifikanter Schubanstieg zu beobachten. In Deutschland nicht zugelassen, jedoch auf Evidenz-Klasse-II-Daten empfohlen, führt unsere Klinik bei Risikopatientinnen mit Stillwunsch und Schüben im Jahr vor oder während der Schwangerschaft eine postpartale Immunglobulingabe zur Schubprophylaxe durch.

Wir berichten den Fall einer 30-jährigen Erstgravida mit Multipler Sklerose vom schubförmigen Verlauf (Erstdiagnose 06/2016), die bis zur Schwangerschaft mit Glatirameracetat behandelt wurde. In der 15. Schwangerschaftswoche wurde ein sensibler Schub mit Hemihypästhesie links diagnostiziert. Eine Glukokortikoidpulstherapie wurde von der Patientin nicht gewünscht. Aufgrund eines Uterus bicornis und myomatosus mit fetaler Beckenendlage erfolgte in 38+2 SSW die komplikationslose primäre Sectio caesarea eines 3220 g schweren Jungen. Postpartal wurde bei Stillwunsch und Risikoprofil der Patientin in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit der Neurologie die Indikation zur niedrigdosierten Immunglobulingabe mit Ig Vena® (0,2 g/kg KG alle 4 Wochen) gestellt. Insgesamt erfolgten 3 Gaben. Ein Schub post partum blieb aus.

Bei Frauen mit Stillwunsch besteht durch eine Immunglobulingabe die Möglichkeit, die postpartale Schubrate positiv zu beeinflussen. Die aktuelle neurologische Leitlinie empfiehlt, in einem gut ausgewählten Patientinnenkollektiv mit entsprechendem Risikoprofil, diese postpartale Prophylaxe zu erwägen. Die Datenlage zur postpartalen Immunglobulingabe ist jedoch weiterhin limitiert, so dass hierzu weitere Studien notwendig sind. Eine Auswertung unseres Patientinnenkollektivs nach erhaltener postpartaler Schubprophylaxe zur weiteren Evaluation des Nutzens der Immunglobulingabe ist in Planung.