Geburtshilfe Frauenheilkd 2018; 78(10): 291-292
DOI: 10.1055/s-0038-1671646
Freie Vorträge
Samstag, 03.11.2018
Der Urogynäkologe als Sexualtherapeut
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ist die Reizblase eine Frühform des Blasenschmerzsyndroms/der Interstitiellen Zystitis?

M Gamper
1   Kantonsspital Frauenfeld, Frauenklinik, Frauenfeld, Schweiz
,
C Walser
1   Kantonsspital Frauenfeld, Frauenklinik, Frauenfeld, Schweiz
,
N Späth
2   IBR Inc., Institute for Biopharmaceutical Research, Matzingen, Schweiz
,
R Moser
2   IBR Inc., Institute for Biopharmaceutical Research, Matzingen, Schweiz
,
V Viereck
1   Kantonsspital Frauenfeld, Frauenklinik, Frauenfeld, Schweiz
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Publication History

Publication Date:
20 September 2018 (online)

 

Zielsetzung:

Das Blasenschmerzsyndrom/die Interstitielle Zystitis (BPS/IC) ist eine chronische, schmerzhafte Blasenerkrankung. Das Spätstadium mit Hunnerschen Läsionen ist zystoskopisch gut diagnostizierbar, nicht dagegen die Frühformen. Die Hypothese ist, dass eine frühe BPS/IC und eine Reizblase (OAB) ähnliche Symptome haben. Ob es molekulare Anhaltspunkte dazu gibt, soll mit Genexpressionsanalysen in Blasenbiopsien und Immunhistochemie von Blasenspülungen überprüft werden.

Materialien:

Blasenbiopsien und Zellen aus Blasenspülungen von BPS/IC-Patientinnen mit (12) und ohne (19) Hunnersche Läsionen, 12 Patientinnen mit OAB und 10 gesunden Kontrollen wurden untersucht.

Methoden:

RNA wurde aus Blasenbiopsien isoliert und die Expression von 16 Genen wurde mit RT-qPCR quantifiziert. Deckzellen des Urothels wurden mittels Immunhistochemie mit Antikörpern gegen Urothelproteine nachgewiesen.

Ergebnisse:

Die Quantifizierung von 14/16 Genexpressionen zeigte graduelle Unterschiede, in der Abfolge gesunde Kontrollen < OAB < BPS/IC ohne Hunnersche Läsionen < BPS/IC mit Hunnerschen Läsionen. Die Expression von hauptsächlich inflammatorischen Genen wie CCL18, CD20, CD79A, CHI3L1, CTLA4, FCER1G, IGH, IL8, LTF, MMP9 und PNOC nahm mit dem Schweregrad der Erkrankung zu, währenddem die Expression von urothelialen Genen wie KRT20, UPK1B und UPK3A abnahm. Urotheliale Deckzellen waren in der Spülzytologie von gesunden Kontrollen reichlich vorhanden, aber bei Patientinnen mit BPS/IC nicht zu finden.

Zusammenfassung:

Gewisse Patientinnen mit OAB-Symptomatik haben eine Frühform der BPS/IC ohne Hunnersche Läsionen, was das Nichtansprechen auf Anticholinergika erklärt. Die Erkennung von Frühformen und eine rechtzeitige, adäquate Therapie können das Fortschreiten zum Spätstadium verhindern. Das Fehlen von urothelialen Deckzellen in der Spülzytologie könnte ein Indiz für BPS/IC sein. Zur Validierung dieses neuen, nicht-invasiven Ansatzes braucht es weitere wissenschaftliche Untersuchungen.