Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2018; 53(S 01): S12-S13
DOI: 10.1055/s-0038-1675497
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Relevanz einer automatisierten Blutglukoseeinstellung bei Patienten mit schweren intrazerebralen Laesionen auf das neurologische Outcome

C Mirth
1   Universitätsklinikum St. Pölten
,
K Eibel Reisz
1   Universitätsklinikum St. Pölten
,
J Feuchtinger
1   Universitätsklinikum St. Pölten
,
C Hoermann
1   Universitätsklinikum St. Pölten
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Publication History

Publication Date:
14 November 2018 (online)

 

Die exakte Einstellung der Blutglukose in einem definierten stabilen Bereich in der unmittelbar postoperativen bzw. posttraumatischen Phase bei Patienten mit schweren zerebralen Läsionen wie intrazerebraler Blutung (ICB), Schädel-Hirn-Trauma (SHT) GCS ≤ 8 und Subarachnoidalblutung (SAB) Hunt&Hess ≥ 2 stellt sowohl für die Pflege als auch für computergestützte Algorithmen eine große Herausforderung dar, könnte aber Einfluss auf das neurologische Outcome haben.

Hintergrund:

Engmaschige Einstellung der Blutglukose in einem definierten stabilen Bereich in der unmittelbar postoperativen bzw. posttraumatischen Phase bei schweren zerebralen Läsionen ist sowohl für die Pflege als auch für den computergestützten Algorithmus des Space Glucose Control –Systems (SGC-SystemTM, BBraun, Germany) eine große Herausforderung.

Fragestellung:

Ist die Einstellung der Blutglukose beim Notfallpatienten mit schwerer zerebraler Schädigung durch das SGC-System exakter möglich, als dies derzeit standardisiert durch die Pflege erfolgt und hat sie einen Einfluss auf das neurologische Outcome?

Methodik:

In einer prospektiv randomisierten Studie wurde an 105 Patienten mit schwerer intrazerebraler Läsion (ICB und SHT GCS ≤ 8 und SAB Hunt&Hess ≥ 2) eine exakte Einstellung der Blutglukose mittels SGC-System (Studiengruppe) oder durch die Pflege (Kontrollgruppe) mit Zielwert 130mg/dl in einem Zielbereich zwischen 100 – 160 mg/dl in einem Beobachtungszeitraum von 72 Stunden posttraumatisch bzw. postoperativ bei standardisiertem Ernährungsregime angestrebt.

Studien- und Kontrollgruppe wurden hinsichtlich Höhe der Blutglukosewerte, Zeit bis zum Erreichen des Zielbereiches, Zeit im Zielbereich, Variabilität und Outcome mittels MRS verglichen.

Ergebnisse:

In der Studiengruppe wurden signifikant mehr Messungen bei signifikant kürzeren Messintervallen durchgeführt (p < 0,001), auch die Ratenänderungen der Insulindosierung waren in der Studiengruppe signifikant häufiger (p < 0,001).

Die Höhe der Blutglukosespiegel und die Variabilität der Blutglukose waren in beiden Gruppen vergleichbar, folglich auch der MRS als Outcomeparameter (p = 0,942 bei ICU-Entlassung, p = 0,315 nach 28 Tagen und p = 0,312 nach 6 Monaten).

Auffallend eine deutliche Korrelation zwischen Blutglukosewerten > 160mg/dl, maximalen Blutglukosewerten, Höhe der durchschnittlichen Blutglukosewerte und Outcome, die in einer Subgruppenanalyse von Diabetikern bestätigt wurde: Unter Diabetikern war die Zeit bis zum Erreichen des Zielbereiches signifikant länger (p < 0,001) als bei Nicht-Diabetikern, Variabilität und Standardabweichung waren in der Diabetesgruppe signifikant höher (p = 0,001), ebenso der Anteil der Blutglukosewerte > 160 mg/dl (p = 0,008), die maximalen Blutglukosewerte (p = 0,003) und die durchschnittlichen Blutglukosewerte (p = 0,016). Diese signifikant unterschiedlichen Ergebnisse fanden auch in den Outcomeparametern MRS ihren Niederschlag (p = 0,022 bei ICU-Entlassung, p = 0,003 nach 28 Tagen und p = 0,005 nach 6 Monaten). Patienten mit Diabetes mellitus boten eine signifikant höhere MRS und damit ein signifikant schlechteres Outcome.

Schlussfolgerung:

Es zeigten sich keine nennenswerten Unterschiede in Blutglukosewerten, Variabilität und dem gewählten Outcomeparameter MRS. Die Einstellung der Blutglukose durch die Pflege erfolgte in diesem schwierigen Patientengut zumindest gleich akkurat wie durch das SGC-System.

Die Outcomeparameter unter Verwendung der modified Rankin Scale (MRS)[12] zeigten zwar keine relevanten Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen, wohl aber eindeutig positive Korrelation mit Hyperglykämien (Blutglukose > 160mg/dl) und Diabetes mellitus. Dies unterstreicht eindeutig die Relevanz einer exakten Blutzuckereinstellung bei Intensivpatienten mit schweren intrazerebralen Läsionen.