Pneumologie 2019; 73(S 01)
DOI: 10.1055/s-0039-1678153
Freie Vorträge (FV DGP 10) – Sektion Rehabilitation, Prävention und Tabakkontrolle
Highlights aus der pneumologischen Rehabilitation
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Tabakentwöhnung bei COPD ist hoch effektiv: Ergebnisse der ATEMM-Studie an 780 Patienten in Sachsen und Thüringen

S Mühlig
1   TU Chemnitz, Institut für Psychologie, Klinische Psychologie und Psychotherapie
,
FG Loth
1   TU Chemnitz, Institut für Psychologie, Klinische Psychologie und Psychotherapie
,
J Bickhardt
2   Facharzt für Innere Medizin, Berufsverband der Pneumologen in Sachsen e. V.
,
T Heindl
3   Praxis Leipzig, Berufsverband der Pneumologen in Sachsen e. V.
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Publication Date:
19 February 2019 (online)

 

Tabakrauchen stellt den ätiologischen Hauptfaktor für die Entstehung einer COPD und eine entscheidende Bedingung für deren Prognose im weiteren Krankheitsverlauf dar. Dennoch bleiben 30 – 50% der diagnostizierten COPD-Ptn. aktive Raucher. Mit keiner anderen Maßnahme kann die COPD-Progredienz so wirksam verlangsamt werden wie durch nachhaltige Rauchabstinenz. Zugleich besteht eine hohe und robuste Evidenz mit > 40 Cochrane-Metaanalysen für die Effektivität verhaltenstherapeutischer und medikamentöser Maßnahmen zur Tabakentwöhnung. Trotzdem verhindert die derzeitige Gesetzeslage (§ 34 SGB-V) eine Kostenübernahme für Maßnahmen zur Tabakentwöhnung (TE) als heilkundliche Kassenleistung in Deutschland.

Im Rahmen eines Modellprojekts (ATEMM-Studie) erfolgte erstmals eine vollständige Kostenübernahme für eine evidenzbasierte und leitlinienorientierte ärztliche und psychotherapeutische state of the art-TE inkl. medikamentöser Unterstützung im Rahmen der GKV. Patienten mit drohender oder bestehender COPD erhielten eine strukturierte TE unter Realbedingungen durch pneumologische Facharztpraxen und psychologische Psychotherapeuten in Sachsen und Thüringen (nach S3-Leitlinie TE bei COPD als Maximalintervention). Patienten in der Vergleichsgruppe (Minimalintervention) erhielten die übliche Routineversorgung (treatment as usual: ärztliche Kurzberatung ohne Zufinanzierung der Medikamente).

Nach 12 Monaten war die Hälfte der Teilnehmer (47%) der Maximalintervention (N = 524) nach strengen Kriterien (ärztliche Untersuchung, CO-Messung im Exhalat) rauchfrei (Intention-to-treat: 38%), aber nur 8% (Intention-to-treat 6%) in der Minimalintervention (N = 257). Bei der Maximalintervention war die Chance für dauerhafte Abstinenz 10-mal höher als bei der Minimalintervention (OR: 9.68, 95% CI: 5.58 – 16.80, p < .001).

Das Modellprojekt zeigt, dass COPD-Patienten mit hoher Akzeptanz die TE-Angebote in Anspruch nehmen, wenn ihnen diese vollfinanziert angeboten werden. Die mit diesem TE-Programm erzielten hohen Abstinenzraten unterstützen die Forderung nach einer vollfinanzierten heilkundlichen Tabakentwöhnung in Deutschland.