Osteologie 2019; 28(01): 67-68
DOI: 10.1055/s-0039-1680017
Forum Junge Wissenschaft der DGO
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Stellenwert der körperlichen Konstitution als Risikofaktor muskuloskelettaler Defizite im Alter

F Genest
1   Koenig Ludwig Haus, Lehrstuhl fuer Orthopaedie der Universitaet Wuerzburg, Klinische Studieneinheit, Wuerzburg
,
M Schneider
1   Koenig Ludwig Haus, Lehrstuhl fuer Orthopaedie der Universitaet Wuerzburg, Klinische Studieneinheit, Wuerzburg
,
N Lusche
1   Koenig Ludwig Haus, Lehrstuhl fuer Orthopaedie der Universitaet Wuerzburg, Klinische Studieneinheit, Wuerzburg
,
F Jakob
2   Koenig Ludwig Haus, Lehrstuhl fuer Orthopaedie der Universitaet Wuerzburg, MCW/Osteologie, Wuerzburg
,
L Seefried
1   Koenig Ludwig Haus, Lehrstuhl fuer Orthopaedie der Universitaet Wuerzburg, Klinische Studieneinheit, Wuerzburg
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Publication History

Publication Date:
05 March 2019 (online)

 

Einleitung:

Mit zunehmenden Alter kommt es im Rahmen degenerativer Veränderungen vermehrt zu einem Verlust an Muskelkraft und -funktion. Beide Aspekte sind für die Betroffenen mit nachteiligen Auswirkungen verbunden, insbesondere eingeschränkter Mobilität, erhöhter Morbidität und auch Mortalität. Als vornehmlich ursächlich hierfür wird einer verringerte Muskelmasse im Alter angenommen. Gleichzeitig sind auch von der Muskelmasse teilweise unabhängige, funktionelle Parameter mit negativen Auswirkungen auf die Gesundheit im Alter assoziiert, wobei sich die Literatur in diesem Punkt sehr heterogen präsentiert. Letztlich ist nicht abschließend geklärt, welche Aspekte der körperlichen Konstitution und Funktion im Alter wesentliche Determinanten eines nachteiligen bzw. ungünstigen muskuloskelettalen Risikoprofils darstellen.

Methode:

Monozentrische, prospektiv geplante, bevölkerungsbasierte Querschnittserhebung auf Grundlage von Daten des Einwohnermeldeamtes von zwei Postleitzahlbereich. Erfasst wurden die körperliche Konstitution sowie die muskuloskelettalen Defizite bei selbstständig lebenden Männern zwischen 65 – 90 Jahren.

Ergebnisse:

Insgesamt konnten n = 507 Männer untersucht werden, das Durchschnittsalter lag bei 74,66 Jahren. Von diesen waren 23,7% (n = 120) übergewichtig mit einem BMI≥30 kg/m2 und 65,1% (n = 330) wiesen in der BIA einen reduzierten Skeletal Muscle Index (SMI) von ≤10,75 kg/m2 auf. Bei n = 28 Teilnehmern (3,5%) bestand Übergewicht bei gleichzeitig reduzierten Muskelmasse im Sinne einer Sarcopenic Obesity. Eine reduzierte Muskelfunktion im Sinne einer verminderten SPPB ≤8 Punkten fand sich bei 8,5% (n = 43), eine reduzierte Handkraft < 30 kg bei 32,7% (n = 166). Die wesentlichen Risikofaktoren für das Vorliegen einer eingeschränkten Muskelfunktion waren ein BMI ≥30 kg/m2 (p = 0,002), das Vorliegen einer Osteoporose (p = 0,02) sowie eine erniedrigte Handkraft (p = 0,016). Ein erhöhtes Risiko für eine reduzierte Muskelkraft fand sich bei Vorliegen einer Osteoporose (p = 0,001), bei hohem Lebensalter ≥80 Jahren (p = 0,001) und bei reduzierter Muskelfunktion (p = 0,014). Reduzierte Muskelmasse hatte keinen signifikanten Einfluss auf die Muskelfunktion oder -kraft.

Diskussion:

Die Daten zeigen einen mit höherem Alter stetigen Verlust an Muskelkraft und Funktion, während sich dieser Zusammenhang für die Muskelmasse nicht zeigen lies. Ein reduzierter SMI war weder ein sig. Risikofaktor für eine reduzierte Muskelfunkton, noch für eine reduzierte Kraft. Ein erhöhter BMI hatte demgegenüber sig. Einfluss auf die Muskelfunktion, was am ehesten einer grundsätzlich eingeschränkten Mobilität zuzuschreiben ist. Demnach ist Übergewicht ein im Rahmen diagnostischer Erwägungen noch unzureichend berücksichtigter Parameter und sollte vor allem zur frühzeitigen Risikoeinschätzung als wertvoller prognostischer Parameter für muskuläre Defizite nicht unterschätzt werden.