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DOI: 10.1055/s-0039-1692046
Vermeidbare Fetozide – eine 1-Jahresanalyse der späten Schwangerschaftsabbrüche an zwei Zentren für Pränatale Medizin
Publication History
Publication Date:
22 May 2019 (online)
Fragestellung:
Späte Schwangerschaftsabbrüche stellen sowohl für die betroffenen Schwangeren als auch das in die Betreuung eingebundene Personal vor schwierige persönliche Entscheidungen und konfliktbeladene Aufgaben. Nochmals belastender sind dabei späte Schwangerschaftsabbrüche durch einen Fetozid.
In einer 1-Jahresanalyse werden alle Schwangerschaftsabbrüche nach einer medizinischen Indikation untersucht und in der Gruppe der Fetozide im Einzelfall geprüft, ob dieser bei einer Schwangerschaftsbeendigung zu einem früheren Zeitpunkt vermeidbar gewesen wäre.
Material und Methode:
Im Jahr 2018 wurden an der Universitätsfrauenklinik Leipzig 111 Schwangerschaftsabbrüche gem. §218a Abs. 2 StGB durchgeführt. Retrospektiv wurden folgende Daten erhoben: Aborteinleitung (ohne Fetozid), Fetozid, Alter der Schwangeren, Zeitpunkt der Diagnosestellung und der Schwangerschaftsbeendigung, vorliegende Erkrankung, genetische Diagnostik, Obduktion. Zudem wurde analysiert, ob ein Firsttrimester- oder erweitertes Organscreening im 1. oder 2. Trimenon erfolgten.
Ergebnisse:
Von den 111 Schwangerschaftsabbrüchen erfolgten 52 als Aborteinleitung und 56 als Fetozide. 3 Embryoreduktionen wurden von der Analyse ausgeschlossen.
Das mediane Gestationsalter zum Zeitpunkt des Abbruchs lag bei 17 Schwangerschaftswochen (12 – 22 SSW) vs. 26 Schwangerschaftswochen (18 – 33 SSW) bei den Fetoziden.
Numerische Chromosomenaberrationen fanden sich bei den Abbrüchen in 48% und bei den Fetoziden immer noch in 31%. Von den strukturellen Anomalien sind in der Abortgruppe am häufigsten multiple Fehlbildungssyndrome (14%), während beim Fetozid am häufigsten das ZNS (24%) und das Skelettsystem (9%) betroffen sind.
In der Gruppe der Fetozide fand eine differenzierte Ultraschalluntersuchung im 1. Trimenon in insgesamt 27% der Fälle statt, bei den 17 Schwangerschaften mit Aneuploidien allerdings in nur 4 Fällen (23,5%).
Schlussfolgerung:
Die übliche Praxis der Organdiagnostik im 2. Trimenon führt bei diagnostizierter Fehlbildung oder Chromosomenstörung zeitlich in der Regel zu einem Abbruch durch Fetozid. Zudem ist eine sichere Diagnosestellung bei den am häufigsten betroffenen Organsystemen eher selten in der Frühschwangerschaft möglich. Potential einer frühzeitigen Diagnosestellung liegt dennoch insbesondere bei den Aneuploidien oder früh entdeckbaren Fehlbildungen in einer konsequenteren Anwendung eines differenzierten Ersttrimesterultraschalls.