Geburtshilfe Frauenheilkd 2019; 79(06): e15
DOI: 10.1055/s-0039-1692079
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Baumwollversteck – Gossypiboma

P Pilat
1   Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde, Universitätsklinikum Leipzig AöR, Leipzig
,
B Aktas
1   Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde, Universitätsklinikum Leipzig AöR, Leipzig
,
N Dornhöfer
1   Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde, Universitätsklinikum Leipzig AöR, Leipzig
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Publication History

Publication Date:
22 May 2019 (online)

 

Wir berichten über eine 57-jährige, adipöse Patientin, die uns mit dem Verdacht auf ein Ovarialkarzinom vorgestellt wurde. Die initiale gynäkologische Vorstellung erfolgte wegen putridem Ausfluss nach zuvor 29-jähriger gynäkologische Abstinenz bei Z.n. Notfall-Hysterektomie mit starker Blutung im Rahmen einer Sectio vor 29 Jahren.

Bei der vaginalen Untersuchung zeigte sich eine Fistel im Scheidengewölbe, wobei weder eine Blasen- noch Darmfistel nachweisbar war. Sonographisch und CT-morphologisch zeigte sich eine Raumforderung im kleinen Becken, Zeichen einer Peritonealkarzinose sowie vergrößerte Lymphknoten. Innerhalb der Raumforderung zeigten sich zusätzlich zwei röntgendichte Strukturen, Makrokalzifikationen und Luftblasen (Abb. A).

Während einer Narkoseuntersuchung konnte der in den Tumor führende Fistelgang dilatiert werden. Es entleerten sich ca. 300 ml Textilreste die die Verdachtsdiagnose eines Textiloms, resultierend aus einem vergessenen Bauchtuch, bestätigten (Abb. B).

Zur Befundsanierung erfolgte eine Laparotomie mit vollständiger Exstirpation des an die rechte Beckenwand fixierten Tumors bei ausgeprägtem Adhäsionssitus. Die vaginale Fistel wurde ausgeschnitten und primär verschlossen. Intraoperativ zeigten sich multiple suspekte peritoneale Befunde wobei in der Schnellschnittdiagnostik eine Malignität nicht sicher ausgeschlossen werden konnte. Daher erfolgte eine Komplettierung im Sinne eines kompletten peritonealen und retroperitonealen Tumordebulkings.

Die Endhistologie zeigte einen chronisch-fibrosierenden Tumor mit fokalem fremdkörperinduziertem Granulom ohne Malignität.

Diskussion:

Das Wort Gossypiboma setzt sich zusammen aus „gossypium“ (lateinisch: Baumwolle) und „boma“ (Swahili: Versteck) (Lit: 1) Die Gossypiboma-Inzidenz liegt im Rahmen abdomineller Eingriffe bei 1/1000 bis 1/3000. Wie auch in unserem Fall erhöhen Notfalleingriffe mit starker Blutung sowie Adipositas das Risiko für das Zurücklassen eines Bauchtuchs (Lit: 2). Bildmorphologische Ähnlichkeit von Gossypibomen mit Tumoren oder Abszessen erschwert die Diagnostik und erhöht die Morbidität. Beschwerden treten häufig erst nach vielen Jahren auf. Meist handelt es sich dabei um Schmerzen, gastrointestinale Obstruktion, Abszess- oder Fistelbildung und die Enstehung von Fremdkörpergranulomen. Glücklicherweise ist eine maligne Transformation selten. Dennoch sind Fälle mit Umwandlung in maligne fibröse Histiozytome beschrieben (Lit: 3), so dass auch unabhängig von Beschwerden die operative Sanierung zu empfehlen ist.

Literatur:

[1] https://en.wikipedia.org/wiki/Gossypiboma

[2] Nischida et al.; Jpn J Thorac Cardiovasc. Surg. 2005

[3] Kaplan & Iyikösker; World J. Surg. Oncol. 2012