Geburtshilfe Frauenheilkd 2019; 79(08): 882
DOI: 10.1055/s-0039-1693880
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Fulminanter Verlauf eines Ileus während der Schwangerschaft mit plötzlichem Fruchttod und abdominellem Kompartmentsyndrom – Fallbericht

IC Lakovschek
1   Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Graz
,
G Tomasch
1   Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Graz
,
S Fleck
2   Universitätsklinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Graz
,
CM Görög
2   Universitätsklinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Graz
,
A El-Shabrawi
3   Universitätsklinik für Chirurgie, Klinische Abteilung für Allgemeinchirurgie, Graz
,
S Uranüs
3   Universitätsklinik für Chirurgie, Klinische Abteilung für Allgemeinchirurgie, Graz
,
U Lang
1   Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Graz
,
W Schöll
1   Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Graz
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
12 August 2019 (online)

 

Einleitung:

Ileus durch Darmobstruktionen in der Schwangerschaft ist ein seltenes Ereignis mit einer Inzidenz von 0,001 – 0,003%. In 70 – 80% der Fälle sind Adhäsionen nach vorherigen Operationen ursächlich. Die Literatur zu diesem Thema beschränkt sich meist auf Fallberichte oder Fallserien, mit teilweise sehr unterschiedlichen Verläufen. [1 – 4]

In unserem Fallbericht geht es um einen fulminanten Verlauf eines Ileus mit einem abdominellen Kompartmentsyndrom und intrauterinen Fruchtod.

Fallbericht:

Eine erstgebärende 29-jährige Patientin in der 31. Schwangerschaftswoche wurde wegen vorzeitiger Wehentätigkeit und Verdacht auf gastrointestinalen Infekt zugewiesen. Anamnestisch bestanden ein unauffälliger Schwangerschaftsverlauf und ein Zustand nach Darmoperation wegen Volvolus als Säugling.

Die Symptomatik der Patientin war kurzfristig und bestand aus Diarrhoe, Übelkeit, Erbrechen und intermittierenden abdominellen Schmerzen. Nach Einleiten einer konservativen Therapie kam es zu einer Verbesserung der Symptomatik. Aus gasteroenterologischer Sicht wurde ein Noro-Virus bedingter gastrointestinaler Infekt suspiziert. Jedoch, verschlechterte sich der Zustand der Patientin innerhalb von 2 Stunden massiv. Unerwartet zeigte sich in der neuerlich durchgeführten Sonografie ein intrauteriner Fruchttod. Die Patientin wurde mit einer zwischenzeitlich eingetretenen Schocksymptomatik für eine Notfallslaparotomie in den Operationssaal gebracht. Während der Narkoseeinleitung kam es trotz liegender Magensonde zu einer massiven Aspiration und in weiterer Folge zu einem Herzstillstand. Die sofortige Reanimation war erfolgreich. Bei der Laparotomie zeigte sich ein Briden-Ileus mit einer beginnenden Darmgangrän einer 15 cm langen Dünndarmschlinge, die in weiterer Folge reseziert wurde. Im Rahmen der gleichen Operation wurde die Patientin auch sectioniert. Das Abdomen wurde am darauffolgenden Tag lavagiert und mittels einem vakuum-assistierten System versorgt. Der endgültige Bauchdeckenverschluss erfolgte nach etwa 10 Tagen.

Aufgrund der massiven Aspiration wurde die Patientin über mehrere Tage mittels extrakorporaler Membranoxigenierung (ECMO) behandelt und im Rahmen ihres Multiorganversagens dialysiert. Nach über einen Monat Aufenthalt auf der Intensivstation, entwickelte die Patientin eine Endometritis durch einen multiresistenten Psydomonas aeruginosa. Nicht zuletzt wegen dringenden Fertilitätswunsches der Patientin, wurde ein organerhaltendes Therapiemanagement mit keimspezifisch angepasster Antibiotikatherapie, zweimaliger Curettage und regelmäßigen Spülung des Uteruscavums, durchgeführt. Nach einem Monat konnte die Endometritis erfolgreich kuriert und die Patientin nach zwei monatiger Behandlung entlassen werden.

Schlussfolgerung:

Akute abdominelle Beschwerden während einer Schwangerschaft können, in Abhängigkeit des Schwangerschaftsstadiums, sehr unterschiedliche und unspezifische Symptomatik aufweisen. Auch wenn eine Darmobstruktion ein seltenes Ereignis darstellt, sollte diese, vor allem bei Frauen mit stattgefundener Bauchoperation, immer in Erwägung gezogen werden. Ein interdisziplinäres Vorgehen ist in solchen Fällen unerlässlich.

Literatur:

[1] Webster PJ et al. Small bowel obstruction in pregnancy is a complex surgical problem with a high risk of fetal loss. Ann R Coll Surg Engl. 2015 Jul; 97(5): 339 – 344.

[2] Meyerson S et al. Small bowel obstruction in pregnancy. Am J Gastroenterol. 1995 Feb;90(2):299 – 302.

[3] Stukan M et al. Intestinal obstruction during pregnancy. Ginekol Pol. 2013 Feb;84(2):137 – 41.

[4] Perdue PW et al. Intestinal obstruction complicating pregnancy. Am J Surg. 1992 Oct;164(4):384 – 8.