Suchttherapie 2019; 20(S 01)
DOI: 10.1055/s-0039-1696206
Symposien
S32 Internetbezogene Störungen: Diagnostik und Korrelate
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Erfassung von funktioneller Beeinträchtigung als notwendige Voraussetzung in der ICD-11 Diagnostik internetbezogener Störungen.

HJ Rumpf
Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
,
D Brandt
Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
,
A Bischof
Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
,
B Besser
Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
,
A Trachte
Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
,
H Hoffmann
Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
,
T Stamer
Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
,
S Orlowski
Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
,
G Bischof
Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
03 September 2019 (online)

 

Einleitung In der elften Neuauflage der International Classification of Diseases (ICD-11) wurde Gaming Disorder im Bereich der substanzbezogenen Störungen und Verhaltenssüchte aufgenommen. Neben den Kriterien „verminderte Kontrolle“, „Priorität im Leben“ und „fortgesetztes Verhalten trotz negativer Konsequenzen“ muss das Vorhandensein einer bedeutsamen funktionalen Beeinträchtigung vorhanden sein, um die Diagnose zu erfüllen. Die Erfassung der dysfunktionalen Beeinträchtigung kann entweder über ein weiteres Verfahren erfolgen oder durch Merkmale der Diagnostik im Rahmen der Erfassung von fortgesetztem Verhalten trotz negativer Folgen. Diese beiden Ansätze werde verglichen.

Methode In einer ersten Studie wurde in drei Stichproben (n = 522; Teilstichprobe einer Allgemeinbevölkerungsstichprobe, Teilnehme*innen rekrutiert in Jobcentern und in der Berufsschule) neben der Diagnostik der Gaming Disorder nach ICD-11 die Sheehan Disability Scale (SDS) eingesetzt. In der zweiten Studie erfolgte nach einem proaktiven Screening in Berufsschulen bei 949 Teilnehmer*innen neben der Diagnostik der Gaming Disorder eine Erfassung von funktionaler Beeinträchtigung mit Items der WHO Disability Scale (WHODAS). Es wurden jene WHODAS-Items ausgewählt, welche bei der Gaming Disorder von Relevanz sind. Die Diagnose der Gaming Disorder erfolgte jeweils anhand einer standardisierten Diagnostik, die auf den Prinzipien des Composite International Diagnostic Interview (CIDI) basierte. Cohans Kappa als Maß der Übereinstimmung wurde jeweils berechnet.

Ergebnisse In beiden Studien gab es eine ungenügende Übereinstimmung der Erfassung funktionaler Beeinträchtigung durch Merkmale der Diagnostik im Rahmen der Erfassung von fortgesetztem Verhalten trotz negativer Folgen und der jeweils extern durchgeführten Erfassung funktionaler Beeinträchtigung durch SDS oder Items der WHODAs (Kappa 0,025 und 0,112 in Studie 1 und 2).

Diskussion Die Daten lassen den Schluss zu, dass die Ableitung der funktionalen Beeinträchtigung durch diagnostikimmanente Items zur Erfassung von fortgesetztem Verhalten trotz negativer Folgen ungenügend mit der Erfassung funktionaler Beeinträchtigung durch eigenständige Verfahren übereinstimmt. Es wird empfohlen Verfahren wie SDS oder WHODAS-Items in Ergänzung zu nutzen um eine valide Diagnostik der Gaming Disorder nach ICD-11 zu gewährleisten.