Z Geburtshilfe Neonatol 2019; 223(S 01): E28
DOI: 10.1055/s-0039-3401132
Vorträge
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Auswertung der Nachsorge und Therapieanwendung von Patientinnen mit Obstetric Anal Sphincter Injury (OASI)

H Müller
1   Universitätsklinikum Leipzig, Geburtsmedizin, Leipzig, Deutschland
,
H Stepan
1   Universitätsklinikum Leipzig, Geburtsmedizin, Leipzig, Deutschland
,
A Heihoff-Klose
1   Universitätsklinikum Leipzig, Geburtsmedizin, Leipzig, Deutschland
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
27 November 2019 (online)

 

Fragestellung:

Nach AWMF-Leitlinie wird die bundesweite Prävalenz von Dammrissen III°, bzw. Dammrissen IV° (OASI) mit 0,95%; bzw. 0,09% angegeben und es werden häufig neben der in diesem Kollektiv höheren Prävalenz analer Inkontinenz auch höhere Prävalenzen andere Beckenbodenfunktionsstörungen beobachtet, die die Lebensqualität junger Frauen erheblich beeinflussen können.

Methoden:

Zwischen April 2015 und April 2018 stellten sich 3 Monate post partum 97 von 116 Patientinnen (84%) nach OASI Rekonstruktion in der urogynäkologischen geburtshilflichen Nachsorgesprechstunde des Universitätsklinikums Leipzig vor. Mittels validierten Beckenboden-Fragebogen, Palpation, Spekulumeinstellung und perinealer Sonografie wurde ein Beckenbodenstatus erhoben.

Ergebnisse:

Bei etwa zwei Drittel zeigte sich eine Senkung des vorderen Kompartiments (63%), bei mehr als einem Viertel eine Rektozele (26%) und ein Drittel wies einen Descensus uteri (34%) auf. Eine Dranginkontinenz beklagte jede fünfte Frau (19%) und zu jeweils einem Drittel litten die Patientinnen an einer Stressinkontinenz (35%), bzw. Flatusinkontinenz (31%). 6% der Frauen war von einer Stuhlinkontinenz betroffen. Es erfolgte eine auf die Symptomatik abgestimmte Therapieempfehlung. Am häufigsten wurden das Führen des Miktionsprotokolls, bzw. Verhaltenstraining der Blase (88%, bzw. 82%), die Elektrostimulation (83%) und das Durchführen der programmierten Stuhlentleerung (82%) angewandt. Das Würfelpessar (52%) und die Estriolcreme (59%) kamen im Verhältnis Anwendung/Empfehlung am seltensten zum Einsatz. Bei einem Vergleich der Beschwerden drei Monate und mindestens ein Jahr postpartal zeigten sich, bei regelrechter Anwendung der Therapie, bei einigen Patientinnen Verbesserungen der Blasen- und Darmsymptomatik. Bei allen Patientinnen war kein pathologischer imperative Harndrang mehr vorhanden, die Dranginkontinenz trat bei mehr als der Hälfte der Frauen nicht mehr oder seltener auf (55,5%), und die Belastungsinkontinenz verbesserte sich bei 30%, bzw. trat bei 10% überhaupt nicht mehr auf. Bei fast zwei Dritteln der Frauen trat ein Jahr postpartal die Flatusinkontinenz seltener oder überhaupt nicht mehr auf (60%), und bei allen Frauen zeigte sich eine verminderte Häufigkeit des imperativen Stuhldrangs. Stuhlschmieren verbesserten sich bei 71% und die Defäkationsstörungen bei 90%.

Schlussfolgerungen:

Die Therapieauswertung macht sichtbar, dass eine Nachsorge und ein adäquates Therapieangebot von Bedeutung sind. Leider wird von einem großen Teil der Patientinnen das Therapieangebot nicht entsprechend unseren Empfehlungen wahrgenommen, was die Frage nach Möglichkeiten der Verbesserung der Patientencompliance aufwirft. Retrospektiv erscheint uns wesentlich, die Kapazitäten der jungen Frauen nicht aus dem Blick zu verlieren. Insbesondere die Pessartherapie scheint für Frauen vom Handling schwierig. Der Bedarf nach Forschung für ein angenehmes und gleichzeitig effektives Pessar ist groß.