Osteologie 2020; 29(01): 60
DOI: 10.1055/s-0039-3402867
5. MuSkiTYR
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Validität der Gangparameter-Analyse in der Sturzprävention

S Scherer
1   Koenig Ludwig Haus, Klinische Studieneinheit, Universität Würzburg, Würzburg, Germany
,
F Genest
1   Koenig Ludwig Haus, Klinische Studieneinheit, Universität Würzburg, Würzburg, Germany
,
S Baumann
1   Koenig Ludwig Haus, Klinische Studieneinheit, Universität Würzburg, Würzburg, Germany
,
S Lindstroem
1   Koenig Ludwig Haus, Klinische Studieneinheit, Universität Würzburg, Würzburg, Germany
,
L Seefried
1   Koenig Ludwig Haus, Klinische Studieneinheit, Universität Würzburg, Würzburg, Germany
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Publication Date:
25 February 2020 (online)

 

Einleitung Im Rahmen des Alterungsprozesses kommt es zu einem progredienten Verlust an muskulärer Leistungsfähigkeit mit muskulären Defiziten. Dies führt, in Verbindung mit häufig vorliegenden Komorbiditäten, nicht selten zu einer eingeschränkten Mobilität mit einem kompromittierten Gangbild und erhöhten Sturz- und Frakturrisiko. Inzwischen existiert eine gute Datenbasis, inwiefern regelmäßiges Training das Sturzrisiko reduzieren kann. Dabei ist jedoch völlig unklar, wie eine trainingsbedingte Reduktion des Sturzrisikos zustande kommt und ob und wie sich unterschiedliche Trainingsmodalitäten auf den Gang und das Gangbild im Alter auswirken.

Methode Prospektiv-randomisierte, vierarmige Interventionsstudie über 6 Monate zum Vergleich der Auswirkungen und Beeinflussbarkeit von konventionellem Krafttraining (KT), QiGong (QG), Ganzkörpervibrationstraining (V) sowie einer Rumpforthese (O) auf das Gangbild selbstständig lebender Männer über 65 mit einem 10-Jahresfrakturrisiko > 20% nach DVO. Wesentliche Endpunkte waren die Analyse verschiedener Gangparameter auf dem GaitRITE-System sowie weitere Parameter muskulärer Leistungsfähigkeit und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität.

Ergebnisse Es wurden n = 47 Probanden (Alter 65–89 J, MW 77 ± 6,13) randomisiert (KT n = 11, QG n = 10, G n = 13, O n = 13). Nach 6 Monaten zeigte sich in der Gruppe, die regelmäßig QG-Training betrieb, eine Verbesserung der Ganggeschwindigkeit (Velocity) wie auch der Schrittfrequenz (Cadence) in ihrer Alltagsganggeschwindigkeit, die übrigen Trainingsgruppen zeigten hier eher eine rückläufige Tendenz. Drei Gruppen (QG/KT/O) zeigten auch Verbesserungen der Velocity im Dual Task, die Cadence konnte hierbei lediglich die O-Gruppe verbessern. Patienten, die bereits eine Fraktur erlitten hatten, wiesen eine signifikant niedrigere Ausgangs-Velocity auf, konnten diese aber innerhalb von 6 Monaten unter dem Training signifikant verbessern (p = 0,001).

Diskussion Der Zusammenhang schlechterer Werte in der Gangbildanalyse bei Teilnehmern mit Frakturen in der Vorgeschichte legt nahe, dass ein erhöhtes Sturzrisiko zugrunde liegen könnte, ohne dass dies anhand der vorliegenden Untersuchung belegt werden kann. In der Tat scheint gerade bei diesen Personen ein körperliches Training zur Stärkung der Rumpf- und Beinmuskulatur positive Auswirkungen auf das Gangbild zu haben. Zur Verbesserung des Gangbildes scheint insbesondere koordinatives Training, das speziell die Propriozeption und Balance adressiert, vorteilhaft zu sein. Die Arbeit bildet insofern einen Grundstein für die Gestaltung weiterer Studien zur Untersuchung des Gangbildes und dessen Beeinflussbarkeit bei muskulären Defiziten im Alter.

Keywords Sarkopenie, Ganganalyse, Ganggeschwindigkeit, Sturzpraevention, Training

Korrespondenzadresse Sophia Scherer, Universität Würzburg, Koenig Ludwig Haus, Klinische Studieneinheit, Brettreichstrasse 11, 97074 Wuerzburg, Deutschland, Germany

E-Mail f-genest.klh@uni-wuerzburg.de