Pneumologie 2020; 74(S 01): 34
DOI: 10.1055/s-0039-3403134
Posterbegehung (PO06) – Sektion Intensiv- und Beatmungsmedizin
Posterbegehung der Sektion Intensiv- und Beatmungsmedizin
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Atmungsentlastung oder Lungenprotektion – welches Beatmungsziel?

F Othman
Medizinische Klinik II, Bronchial- und Lungenerkrankungen, Evangelisches Klinikum Niederrhein
,
G Laier-Groeneveld
Medizinische Klinik II, Bronchial- und Lungenerkrankungen, Evangelisches Klinikum Niederrhein
,
K Brinkmann
Medizinische Klinik II, Bronchial- und Lungenerkrankungen, Evangelisches Klinikum Niederrhein
,
S Toukmaktsi
Medizinische Klinik II, Bronchial- und Lungenerkrankungen, Evangelisches Klinikum Niederrhein
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Publication Date:
28 February 2020 (online)

 

Vor jeder Beatmung muss das Beatmungsziel festgelegt werden. Atmungsentlastung erfordert ein hohes Volumen, einen hohen Druck und keinen PEEP. Lungenprotektion das Gegenteil, nämlich niedrige Volumina und niedrige Drücke aber hohen PEEP. Einen direkten Vergleich beider Ziele gibt es nicht.

Methode: Da alle Beatmeten eine hohe atmungsmuskuläre Beanspruchung haben, aber nur ein Teil ein Risiko für Lungenschaden, wurden alle Patienten mit allen Erkrankungen primär atmungsentlastend beatmet. Röntgenverlauf und Gasaustausch wurden engmaschig monitorisiert, um einen Lungenschaden frühzeitig zu erkennen. Die Beatmung wurde individuell eingestellt mit dem Ziel, einen pCO2 von 35 mmHg zu erreichen und die Atmungsmuskeln komplett zu entlasten. Diese Beatmung wurde so viele Stunden pro Tag durchgeführt, bis auch der pCO2 unter Spontanatmung im Normbereich verblieb. Die Behandlung der Grunderkrankung und die negative Flüssigkeitsbilanzierung waren weitere wesentliche Ziele.

Ergebnisse: Von 1/2015 bis 6/2019 wurden insgesamt 1480 Patienten atmungsentlastend beatmet. Sie hatten ein lebensbedrohliches Atemversagen. 49% hatten eine COPD, 11% eine neuromuskuläre Erkrankung, 15% kamen zum Weaning und 27% andere, einschließlich eines hypoxischen Versagens. Sedativa waren nicht erforderlich. Bei 87% wurden die normokapnischen Ziele unter Beatmung und unter Spontanatmung vollständig erreicht, mit einem Atemzugvolumen von 890 ml, einer Frequenz von 19 pro Minute, einem Beatmungsdruck von 33 mbar und nahezu 0 PEEP. Mit deutlicher Negativbilanzierung verbesserten sich der Röntgenbefund, der Gasaustausch und die Sättigung bei allen Patienten, ohne die Notwendigkeit einer lungenprotektiven Beatmung. Die Sterblichkeit lag bei 22% einschließlich der Patienten mit Therapiebegrenzung. Sie war stark abhängig von der Grunderkrankung und am niedrigsten bei den neuromuskulären Erkrankungen.

Wir schließen hieraus, dass die atmungsentlastende maschinelle Beatmung mit hohem Atemzugvolumen und Normokapnie das Beatmungsziel der ersten Wahl sein sollte.