Pneumologie 2020; 74(S 01): 35
DOI: 10.1055/s-0039-3403138
Posterbegehung (PO06) – Sektion Intensiv- und Beatmungsmedizin
Posterbegehung der Sektion Intensiv- und Beatmungsmedizin
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Das Multiorganversagen unter Beatmung könnte therapiebedingt sein

G Laier-Groeneveld
Medizinische Klinik II, Bronchial- und Lungenerkrankungen, Evangelisches Klinikum Niederrhein
,
F Othman
Medizinische Klinik II, Bronchial- und Lungenerkrankungen, Evangelisches Klinikum Niederrhein
,
S Toukmaktsi
Medizinische Klinik II, Bronchial- und Lungenerkrankungen, Evangelisches Klinikum Niederrhein
,
J Wiemann
Medizinische Klinik II, Bronchial- und Lungenerkrankungen, Evangelisches Klinikum Niederrhein
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Publication Date:
28 February 2020 (online)

 

Unter dem Verdacht auf eine Sepsis oder auf ein akutes Lungenversagen wird auf der Intensivstation bei fast allen Patienten eine lungenprotektive Beatmung durchgeführt. Häufig kommt es zu einem fortschreitenden Organversagen an Lunge, Herz, Leber und Niere mit hoher Mortalität, das auf die Sepsis zurückgeführt wird. Es mehren sich jedoch die Hinweise, dass das Organversagen nicht der Sepsis, sondern der Therapiestrategie zuzuordnen sein kann. So ist das Nierenversagen eher zum ZVD und damit zur Flüssigkeitstherapie als zum Blutdruck korreliert.

Kasuistik: Ein 65-jähriger Patient mit den Grunderkrankungen COPD, KHK und lymphatischer Leukämie kam mit pulmonalen Infiltraten und schwerer Hypoxie zur Aufnahme. Die pulmonale Diagnostik ergab eine lymphatische Infiltration, aber keine Infektion.

Er wurde zunächst 3 Tage nichtinvasiv atmungsentlastend beatmet mit einem Atemzugvolumen von 0,9 l und einer Atemfrequenz von 30/min und benötigte einen Beatmungsdruck von 37 mbar. Hierunter lag der pCO2 im Normbereich, der pO2 wechselnd niedrig, der pH normal, die Organfunktion aber regelrecht. Er besserte sich klinisch, wurde dennoch akut intubiert. Mit der Diagnose Sepsis wurde danach eine 2-fach-Antibiose eingeleitet und eine lungenprotektive Beatmung durchgeführt. Darunter fiel der pH auf 7,2. Der pCO2 stieg auf 80 mmHg. SaO2 und pO2 waren normal. Es war eine tiefe Sedation notwendig sowie Katecholamine und Flüssigkeit wegen Hypotonie. Darunter kam es zu einem Multiorganversagen mit Anstieg von Kreatinin, Harnstoff, Leberwerte und Abfall des Quick, woran er verstarb.

Diskussion: Auch bei einer lungenprotektiven Beatmung bei einem Patienten mit Hypoxie und leukämischen Infiltraten ohne Infekt oder Sepsis kommt es zum Multiorganversagen im Gegensatz zu einer atmungsentlastenden nichtinvasiven Beatmung. Wir interpretieren den Leberwertanstieg und Abfall des Quick als Rechtsherzversagen bei Überwässerung und den Kreatininanstieg als renales interstitielles Ödem durch die Flüssigkeitszufuhr und somit als Folge der Therapie. Eine Infektion als mögliche Ursache lag nicht vor.

Wir folgern, dass das Multiorganversagen, welches unter lungenprotektiver invasiver Beatmung in Narkose eintritt, nicht aber unter nichtinvasiver atmungsentlastender Beatmung wacher Patienten therapiebedingt sein kann.