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DOI: 10.1055/s-0040-1714802
Ein palliativer Ansatz für schwerste Anorexia nervosa? [161]
Authors
Fragestellung Welche Ansätze gibt es zur Versorgung von Anorexia-nervosa-PatientInnen mit schlechter Prognose? Enthalten bestehende Ansätze bereits implizit palliative Elemente bzw. ist ein palliativpsychiatrischer Ansatz denkbar?
Studiendesign Da das Themengebiet bisher unerforscht ist, wählten wir ein qualitatives Vorgehen, um das bestehende Erfahrungswissen von ExpertInnen zu bündeln.
Methodik ExpertInnen aller Berufsgruppen und Fachrichtungen wurden interviewt (im März 2020 n = 14 bei laufender Rekrutierung) und die Transkripte mit der Software MAXQDA inhaltsanalytisch ausgewertet1.
Ergebnis Alle ExpertInnen konnten von PatientInnen berichten, deren Anorexia nervosa therapeutisch nicht beeinflussbar war und tödlich ausging. Einigkeit bestand über die Notwendigkeit einer Therapiezieländerung bei solchen PatientInnen. Als mögliche Versorgungsansätze ergaben sich die Fortführung einer kurativ ausgerichteten Behandlung, die Akzeptanz stabilen Untergewichts und die Verlegung in klassisch palliative Versorgungsformen wie ein Hospiz. An Barrieren zeigten sich u. A. das Fehlen validierter Prognose-Instrumente, das Selbstverständnis der psych*schen BehandlerInnen als „Heiler“ und ungeklärte moralische und ethische Fragen.
Diskussion Mögliche Versorgungsansätze für Anorexia nervosa–PatientInnen mit schlechter Prognose verteilen sich auf einem Kontinuum von kurativ zu palliativ. Weitere Forschung sollte a) die bestehenden Ansätze weiter ausdifferenzieren und evaluieren, b) eine Stadieneinteilung und stadienabhängige Prognose-Instrumente entwickeln und c) ethische Dilemmata bei der Palliativversorgung rein psychiatrisch erkrankter Menschen adressieren.
Take Home Message für die Kongressbesucher Die palliative Herangehensweise ist ein innovativer Ansatz in der Versorgung von Anorexia nervosa-PatientInnen mit schlechter Prognose.
Offenlegungserklärung Die Autoren erklären, keine Interessenskonflikte zu haben.
Publication History
Article published online:
31 August 2020
© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York
