Z Gastroenterol 2020; 58(08): e116
DOI: 10.1055/s-0040-1716047
BEST Abstracts: Präsentationen
BEST Abstracts: CED - klinisch Mittwoch, 16. September 2020, 16:00 - 17:30

Daumenlutschen und Nägelkauen in Kindheit und Jugend erhöhen das Risiko für Morbus Crohn: Ergebnisse einer retrospektiven Fallkontrollstudie

N Teich
1   Internistische Gemeinschaftspraxis für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten, Leipzig, Deutschland
,
W Mohl
2   Zentrum für Gastroenterologie Saar MVZ GmbH, Saarbrücken, Deutschland
,
C Primas
3   Medizinische Universität Wien, Wien, Österreich
,
G Novacek
3   Medizinische Universität Wien, Wien, Österreich
,
A Gauss
4   Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
,
J Walldorf
5   Universitätsklinikum Halle, Halle, Deutschland
,
G Felten
6   Gastroenterologische Gemeinschaftspraxis Herne, Herne, Deutschland
,
R Atreya
7   Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Deutschland
,
W Kruis
8   Universitätsklinikum Köln, Köln, Deutschland
,
D Bettenworth
9   Universitätsklinikum Münster, Münster, Deutschland
,
AB Roznowski
10   Klinik am See, Rüdersdorf, Deutschland
,
J Langhorst
11   Universitätsklinikum Duisburg, Duisburg, Deutschland
,
K Schmidt
12   Kompetenznetz Darmerkrankungen e.V., Kiel, Deutschland
,
T Bruns
13   Universitätsklinikum Aachen, Aachen, Deutschland
,
A Stallmach
14   Universitätsklinikum Jena, Jena, Deutschland
,
German IBD Study Group › Author Affiliations
 

Einleitung Die Hygienehypothese besagt, dass eine Verringerung der mikrobiellen Exposition zu einer beeinträchtigten Immunantwort im späteren Leben beiträgt und die Inzidenz von immunvermittelten Krankheiten wie entzündlichen Darmerkrankungen (CED) erhöht. Daumenlutschen (DL) und Nagelbeißen (NB) sind zwei frühe Gewohnheiten, die die orale Mikrobiota-Zusammensetzung und die Antigenbelastung modulieren. DL und NK reduzieren das Risiko für atopische Sensibilisierung, Asthma und Heuschnupfen.

Ziele Wir untersuchten nun, ob diese Verhaltensweisen auch zu einem veränderten Risiko für Morbus Crohn (MC) und Colitis ulcerosa (CU) führen.

Methodik 918 CED-Patienten und ihre 918 Geschwister ohne CED wurden gebeten, einen Fragebogen zu Umweltfaktoren im Kindes- und frühen Erwachsenenalter auszufüllen. Die Prävalenz von DL und/oder NK zu den üblicherweise gut erinnerbaren Zeitpunkten

  1. Einschulung und

  2. religiösen und nicht-religiösen Festen zu Beginn des Erwachsenenalters wurde als zusammengesetzter primärer Endpunkt definiert.

Ergebnis 65 % der Patienten waren weiblich und 57 % hatten einen MC. 49 % der CED-Patienten, aber nur 44 % ihrer Geschwister gaben zum Zeitpunkt der Einschulung oder der Adoleszenz gelegentlich oder häufig DL/NB an (p = 0,007). Die Sensitivitätsanalyse ergab, dass dieser Unterschied bei Patienten mit MC (50 % vs. 41 %; RR = 1,22; 95 % CI 1,09 - 1,37, p = 0,001), jedoch nicht bei Patienten mit CU (49 % vs.48 %; RR) beobachtet wurde = 1,02; 95 % CI 0,90 - 1,17; p = 0,83).

Schlussfolgerungen Entgegen der Hygienehypothese konnten wir zeigen, dass Daumenlutschen und Nägelkauen bei Schulanfängern und jungen Erwachsenen keinen Schutz gegen eine spätere CED bieten. Darüber hinaus stellte in unserer Kohorte das Nägelkauen bei Einschulung und zu Beginn des Erwachsenenalters einen relevanten Risikofaktor für Morbus Crohn dar.



Publication History

Article published online:
08 September 2020

© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York