Z Orthop Unfall 2020; 158(S 01): S35-S36
DOI: 10.1055/s-0040-1717273
Poster
DKOU20-172 Allgemeine Themen>26. Freie Themen

Ein Rotatorenmanschetten schonender, modifizierter Zugang zum proximalen Humerus bei antegrader Marknagelosteosynthese mit transossärer SSP-Refixation

AJ Schreiner
*   präsentierender Autor
1   BG Unfallklinik Tübingen, Eberhard Karls Universität, Tübingen
,
A Ateschrang
1   BG Unfallklinik Tübingen, Eberhard Karls Universität, Tübingen
› Author Affiliations
 

Fragestellung Zugangsbedingte Läsionen der Supraspinatussehne (SSP) können im Rahmen der antegraden Humerusmarknagelosteosynthese mit einer postoperativen Funktionseinschränkung, Insuffizienzen oder Adhäsionen einhergehen und dadurch zu chronischen Schulterschmerzen und Beschwerden führen. Gerade junge Patienten und funktionell anspruchsvolle ältere Patienten sind durch eine zugangsbedingte iatrogene Rotatorenmanschetten (RM) Läsion hinsichtlich der Funktion und zügigen Rehabilitation gefährdet. Die bisherige Studienlage hinsichtlich der Erfassung von Komplikationen nach antegrader Marknagelung und Schulterfunktion ist begrenzt.

Methodik Anhand eines Fallbeispiels beschreiben wir erstmals bei einer dislozierten diaphysären Humerusfraktur einer geriatrischen Patientin einen die RM aussparenden ossären Zugang ohne Schädigung der SSP. Das herkömmliche Vorgehen beinhaltet den Split derselben und die partielle Ablösung des Sehnenansatzes am Tuberculum majus. Unser Vorgehen besteht aus einer begrenzten Tuberculum-majus-Osteotomie durch Präparation eines knöchernen SSP-Ansatzes (mit ca. 10mm Ausdehnung in der coronalen Ebene und einer ca. 15-20 mm messenden sagittalen Ausdehnung) zur spongiösen Freilegung des Nageleintrittspunktes. Nach der Markraumeröffnung zum Einbringen des unaufgebohrten Humerusmarknagels und Stabilisierung der Fraktur erfolgt die Reposition der angelegten Osteotomie (z.B. mittels Fadenanker). Das dargestellte Vorgehen wird durch eine Bizepssehnentenodese ergänzt. Die postoperativen Ergebnisse wurden klinisch, funktionell mittels etablierter Scores sowie radiologisch und sonographisch 6 Wochen und 3 Monate postoperativ erfasst.

Ergebnisse und Schlussfolgerung Die Patientin zeigte sich hinsichtlich Funktion und Schmerzen sehr zufrieden mit dem

OP-Ergebnis. Die RM-Tests waren negativ, es bestand keine Impingement-ähnliche Symptomatik oder Hinweise für eine adhäsive Kapsulitis. Die Bewegungsausmaße, der Constant- sowie (Quick) DASH-Score demonstrierten eine sehr gute Funktion.

Radiologisch zeigte sich eine regelrechte Implantatlage und gute knöcherne Konsolidierung. Die sonographische Kontrolle des linken Schultergelenkes stellte ein reizloses Gelenk dar, keine Adhäsionen mit der Deltafaszie und eine normale sonographische Abgrenzbarkeit der RM bzw. insbesondere der SSP. Die funktionellen Ergebnisse sind mit den bisherigen Publikationen vergleichbar.

Die hier erstmals beschriebene OP-Technik zeigt einen deutlich weniger invasiven Zugang zur Implantation eines antegraden Humerusmarknagels mit einer freien Schultergelenksfunktion im kurzfristigen Nachuntersuchungszeitraum. Diese Zugangsmodifikation sollte zukünftig durch prospektiv hinsichtlich des funktionellen Outcomes untersucht werden, um die dauerhafte Etablierung des Verfahrens begründen zu können. Andere Zugangsmodifikationen wurden beschrieben, unterscheiden sich jedoch essentiell von dem hier beschriebenen Vorgehen hinsichtlich der Invasivität der vulnerablen tendinösen Struktur der Supraspinatussehne.

Stichwörter Humerusschaftfraktur, antegrade Nagelosteosynthese, Zugang proximaler Humerus



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Article published online:
15 October 2020

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