Z Orthop Unfall 2020; 158(S 01): S55-S56
DOI: 10.1055/s-0040-1717313
Vortrag
DKOU20-256 Allgemeine Themen>18. Kinderorthopädie und Kindertraumatologie

Kallusdistraktion des Unterschenkels mittels retrograd tibial implantierer intramedullärer Verlängerungsmarknägel

A Frommer
*   präsentierender Autor
1   Abteilung für Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion und Fußchirurgie, Uniklinik Münster, Münster
,
B Bröking
1   Abteilung für Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion und Fußchirurgie, Uniklinik Münster, Münster
,
G Gosheger
2   Klinik für Allgemeine Orthopädie und Tumororthopädie, Münster
,
G Toporowski
1   Abteilung für Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion und Fußchirurgie, Uniklinik Münster, Münster
,
N Bröking
1   Abteilung für Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion und Fußchirurgie, Uniklinik Münster, Münster
,
A Laufer
1   Abteilung für Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion und Fußchirurgie, Uniklinik Münster, Münster
,
R Rödl
1   Abteilung für Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion und Fußchirurgie, Uniklinik Münster, Münster
,
B Vogt
1   Abteilung für Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion und Fußchirurgie, Uniklinik Münster, Münster
› Author Affiliations
 

Fragestellung Die Kallusdistraktion mittels intramedullärer Verlängerungsmarknägel (IMVN) stellt ein etabliertes Verfahren in der Behandlung von Beinlängendifferenzen (BLD) dar. In der Regel werden IMVN femoral antegrad/retrograd oder tibial antegrad implantiert. Eine bisher nicht abgebildete Indikation ist die retrograd tibiale Implantation von IMVN. Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Fragestellung, ob die retrograd tibiale Implantation eines IMVN bei ausgewählten Indikationen eine Alternative zur antegrad tibialen Anwendung von IMVN darstellen kann?

Methodik In dieser Studie erfolgte die Evaluation der Indikationen, Ergebnisse und Komplikationen der ersten 10 Patienten bei denen eine Tibiaverlängerung über einen retrograd implantierten IMVN erfolgte. Es erfolgte eine retrospektive Datenanalyse bei 10 Patienten (Ø17;13-23 Jahre) mit einer Ø BLD von 54 mm, bei denen eine Kallusdistraktion an der distalen Tibia über einen retrograd implantierten IMVN (PRECICE®) durchgeführt wurde. Bei allen Patienten bestand bereits präoperativ eine Ankolyse des OSG und USG aufgrund von kongenitalen Deformitäten (n = 9) oder eines Segmenttransfers nach Osteosarkom der distalen Tibia (n = 1).

Ergebnisse und Schlussfolgerung Es traten keine intra- und perioperativen Komplikationen auf. Die Kallusdistraktion erfolgte ab dem 10. postoperativen Tag mit 0,66 mm/Tag.

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Retrograd tibiale Verlängerung mittels eines IMVN bei vorbestehender OSG/USG-Arthodese bei einer 16-jährigen Patientin mit kongenitalem Klumpfuß und einer Beinlängendifferenz von 3,5 cm.

Die Ø Kallotasisstrecke betrug 41 mm. Auf einen vollständigen Ausgleich der BLD wurde bei vorbestehender OSG Ankolyse verzichtet, um ein besseres Durchschwingen des Beins zur ermöglichen. Bei 9 Patienten konnte das geplante Distraktionsziel erreicht werden. Ein Patient ist aktuell noch unter Distraktion. Eine insuffiziente Kallusregeneratbildung zeigte sich in 2 Fällen, so dass hier die Dynamisierung des IMVN oder der Wechsel auf einen vollbelastbaren Marknagel erfolgte. In beiden Fällen zeigte sich im Verlauf eine vollständige knöcherne Konsolidierung. Bei 2 Patienten traten unter Distraktion Beugekontrakturen der Zehen auf, welche in dem einem Fall durch Krankengymnastik, in dem anderen Fall durch einen weichteiligen Korrektureingriff im Rahmen der Implantatentfernung korrigiert werden konnten. Es wurden

keine Funktionseinschränkungen des Kniegelenks beobachtet. In Ø 27,5 Wochen erreichten alle Patienten eine Vollbelastung in orthopädisch angepasstem Schuhwerk.

Die Möglichkeit einer retrograd tibialen Implantation von IMVN sollte als Alternative bei Patienten mit vorbestehender OSG/USG-Arthrodese erwogen werden. Durch den retrograden Zugang wird das Kniegelenk geschont und zugangsassoziierte Komplikationen werden vermieden. Neben der Kallusregeneratbildung spielen die Weichteilverhältnisse der behandelten Extremität eine zentrale Rolle.

Stichwörter Kallotasis, Beinlängendifferenz, retrograd, Tibia, Verlängerungsmarknagel



Publication History

Article published online:
15 October 2020

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