Z Orthop Unfall 2020; 158(S 01): S61-S62
DOI: 10.1055/s-0040-1717325
Poster
DKOU20-282 Allgemeine Themen>19. Polytrauma

Kasuistik - Decollement des gesamten Beines nach Überrolltrauma durch einen Bus

A Baranowski
*   = präsentierender Autor
1   Universitätsmedizin Mainz, Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Mainz
,
D Wagner
1   Universitätsmedizin Mainz, Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Mainz
,
E Hanke
1   Universitätsmedizin Mainz, Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Mainz
,
F Wunderlich
1   Universitätsmedizin Mainz, Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Mainz
,
P Drees
1   Universitätsmedizin Mainz, Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Mainz
,
P-M Rommens
1   Universitätsmedizin Mainz, Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Mainz
› Author Affiliations
 

Fragestellung Das Decollement ist eine häufig durch Überrolltrauma hervorgerufene Verschiebung der Haut gegenüber den darunter liegenden Strukturen. Nach Entfernung stark verschmutzter oder nekrotischer Hautanteile kann bei der Primärversorgung ein Vakuumverband angelegt und der Defekt zweizeitig mittels Spalthaut gedeckt werden. Wir stellen einen Fall vor, bei dem ein großflächiger Defekt des gesamten rechten Beines mittels inzidierter Vollhaut und Spalthaut primär gedeckt wurde und unter Vakuumtherapie zur Ausheilung kam.

Methodik Eine 62-jährige Fußgängerin wurde beim Überqueren einer Straße von einem Bus angefahren und überrollt. Bei Einlieferung der Patientin in den Schockraum unserer Klinik zeigte sich ein ausgedehntes Decollement vom proximalen Oberschenkels bis auf Höhe des des oberen Sprunggelenkes reichend. Nach Gabe von Fentanyl durch den Notarzt war eine dezidierte neurologische Untersuchung nicht möglich. Die Fußpulse waren nicht palpabel, der Fuß kühl mit einer verlängerten Rekapillarisierungszeit von 4-5 Sekunden. In der CT-Traumaspirale zeigten sich neben der Ablederungsverletzung ein Abbruch der Arteria dorsalis pedis sowie der Arteria tibialis posterior auf Höhe des OSG, Frakturen des vorderen Beckenringes, undislozierte Frakturen des Os naviculare, des Calcaneus sowie subkapital von Os metatarsale III. Die Patientin wurde aus dem Schockraum-CT direkt in den OP gebracht. Nach steriler Abwaschung und Abdeckung erfolgte die Entfernung der gesamten abgelederten Haut. Das an der Haut anhaftende subkutane Fett wurde vollständig entfernt. Dünnere entfettete Hautareale konnten mittels Mesh Graft Dermatom zu einem meshgraft verarbeitet werden, dickere Hautareale blockierten jedoch das Dermatom. Diese wurden daher manuell stichinzidiert. Mit den gewonnenen Hautflächen konnte nahezu das gesamte rechte Bein gedeckt werden. Am Kniegelenk wurde ein großer Vollhautlappen zirkulär angelegt, um die Beweglichkeit bestmöglich zu erhalten. Ein verbleibender Defekt von ca. 30 qcm wurde mittels Spalthaut vom kontralateralen Oberschenkel versorgt. Es erfolgte abschließend die Auflage von weißem Schwämmen und eines Vakuumsystems zur Wundversiegelung. Die Frakturen wurden konservativ versorgt. Die Blutversorgung des Fußes über Kollateralen war ausreichend gewährleistet.

Ergebnisse und Schlussfolgerung An Tag 7 wurde der Vakuumverband im OP in Allgemeinanästhesie gewechselt. Ab Tag 10 konnte bei vitalen Hautverhältnissen der Vakuumverband entfernt und auf Verbände mit Fettgaze umgestellt werden. Nach 34 Tagen wurde die Patientin aus dem Krankenhaus entlassen. Zum Zeitpunkt der Entlassung sind die transplantierte Vollhaut und Spalthaut vital. Die Beweglichkeit im Hüftgelenk ist frei, im Kniegelenk betragen die Extension und Flexion 0-0-60°, im oberen Sprunggelenk 0-20-30°.

Die Transplantation von gestichelter und entfetteter Vollhaut stellte sich als geeignete Methode dar, um bereits in der Primärversorgung eine definitive und funktionell überzeugende Deckung der ausgedehnten Weichteilverletzung zu erzielen.

Stichwörter Decollement, Vollhaut-Transplantat, meshgraft, Primärversorgung, Polytrauma



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Article published online:
15 October 2020

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