Z Orthop Unfall 2020; 158(S 01): S209
DOI: 10.1055/s-0040-1717528
Vortrag
DKOU20-986 Schwerpunktthemen->2. Komplikationsmanagement: Wann was revidieren?

Management intra- bzw. perioperativer Komplikationen bei der Verriegelungsnagelung von Humerusschaftfrakturen

A Biewener
*   präsentierender Autor
1   Universitätsklinik Dresden, Universitätszentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Dresden
,
KD Schaser
2   UniversitätsCentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie (OUC), Carl Gustav Carus Universitätsklinikum, Technische Universität Dresden, Dresden
,
J Nowotny
3   UniversitätsCentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden, Dresden
› Author Affiliations
 

Fragestellung Die Verriegelungsnagelung von Humerusschaftfrakturen (AO 12 A-C) bietet potentiell hohe Heilungsraten und die Möglichkeit der frühfunktionellen Nachbehandlung bei gegenüber der Plattenosteosynthese deutlich reduziertem Weichteiltrauma.

Anatomische Besonderheiten im Vergleich zu Femur und Tibia wie subacromiales Implantatimpingement,starke Dislokation durch eine Vielzahl von Muskelansätzen, erhöhtes Risiko von Frakturerweiterung bei engem Markraum und schließlich das potentielle Risiko für eine N. radialis Läsion führen allerdings zu einer vergleichsweise hohen Komplikationsrate. Ziel dieser Studie war die Erfassung intra- bzw. perioperativer Komplikationen und die Darstellung des notwendigen Managements.

Methodik Von 1/2018- 12/2019 wurden 48 Fälle (Alter Ø 68, 24-96 J, m/w 14/34) hinsichtlich aufgetretener Komplikationen analysiert. 29 Frakturen sowie alle zugewiesenen Komplikationen (n=4) wurden von der Schulter-Ellbogen Spezialsektion versorgt, weitere 15 Fälle im Bereitschaftsdienst. Am häufigsten handelte es sich um AO 12-A1 (n= 12) sowie AO 12-C1 (n=11) Frakturen. Alle Frakturen waren geschlossen (max. G2). Eine primäre Radialisparese bestand in 3 Fällen.

Ergebnisse und Schlussfolgerung Die häufigste intraoperative Schwierigkeit war eine inakzeptable Reposition(n=19). Daraufhin wurde limitiert offen reponiert und die Fragmente mittels Cerclage ausgerichtet. In 4 Fällen konnte zudem durch perkutane Nagel- Zugschrauben adäquat reponiert werden. Folgende perioperative Komplikationen traten auf: subacromiales Implantatimpingement (n=8), Frakturerweiterung proximal und distal (n= 4), vollständige Schraubenlockerung (n=2), Pseudarthrose (n=2), postoperative Radialisparese (n=2), Infektverlauf (n=1) . Alle prä- bzw. postoperativen Radialisläsionen wurden revidiert,um ein Entrapment ausschließen zu können. Auffällig war der Unterschied der Komplikationsrate zwischen akut bzw. früh-elektiver Versorgung in der Spezialsektion (80 vs. 10,3 %, p<0,05).

Schlußfolgerung Eine inakzeptable Reposition geht mit einem erhöhtem Risiko des Osteosyntheseversagens oder einer Pseudarthrose einher und sollte daher intraoperativ bzw. früh postoperativ, z.B durch offene Reposition und Cerclage, korrigiert werden. Eine proximale oder distale Frakturerweiterung sollte in den meisten Fällen frühzeitig unter Erhalt des Nagels durch additive Plattenosteosynthese bzw. Tubercula- Zuggurtung stabilisiert werden. Die frühzeitige Revision dringend empfohlen wird zudem auch beim recht häufigen subacromialen Implantatimpingement, da dieses regelhaft zur schmerzhaften Schulter- Funktionseinschränkung führt. Bei der präoperativen Radialisläsion kann aufgrund der hohen spontanen Remissionsrate entgegen dem eigenen Vorgehen durchaus auch auf eine Revision des Nervenverlaufs verzichtet werden. Diese bleibt allerdings unverzichtbar, wenn nach intraoperativem Eindruck ein Entrapment des Nervens in der Fraktur oder eine iatrogene Läsion (Cerclage!) nicht sicher ausgeschlossen ist.

Stichwörter Humerusschaftfraktur, Verriegelungsnagelung, Komplikationsmanagement



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Article published online:
15 October 2020

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