Hamostaseologie 2020; 40(S 01): S33-S52
DOI: 10.1055/s-0040-1721593
IX. Freie Vorträge

Einfluss des Von-Willebrand-Faktors auf die porcine Angiogenese über das TIE-System

Katharina Kaiser
1   Werlhof-Institut, Hanover, Germany
,
Stefanie Lehner
1   Werlhof-Institut, Hanover, Germany
,
Hanna Allerkamp
1   Werlhof-Institut, Hanover, Germany
,
Carsten Detering
1   Werlhof-Institut, Hanover, Germany
,
Mahnaz Ekhlasi-Hundrieser
1   Werlhof-Institut, Hanover, Germany
,
Christiane Pfarrer
2   Tierärztliche Hochschule Hannover, Anatomisches Institut, Hanover, Germany
,
Mario von Depka Prondzinski
1   Werlhof-Institut, Hanover, Germany
› Author Affiliations
 

Einleitung Das Von-Willebrand-Syndrom führt zu Magen-Darm-Blutungen und bei Frauen zu Menorrhagien und Komplikationen in der Schwangerschaft. Beides wird stark durch Angiogenese beeinflußt, auf die auch der von-Willebrand-Faktor (VWF) einwirkt. Da die Rolle des VWF auf das gesamte TIE-System, das die Angiogenese über die Rezeptoren TIE-1 und -2 stark moduliert, bislang nicht erforscht wurde, haben wir den Einfluss von VWF auf das TIE-System im Reproduktions- und Magen-Darm-Trakt (GIT) in Schweinen mit VWS untersucht.

Methoden Die Rezeptoren TIE1 und 2 wurden sowohl auf molekularer (qPCR), sowie auf Proteinebene (immunhistochemisch, IHC) in 20 Tieren untersucht. Sieben Tiere waren heterozygot (VWS Typ 1, T1), 5 homozygot (VWS Typ 3, T3). Acht Wildtyp-Tiere dienten als Kontrollen. Die Proben stammen von sechs Uteri und sechs Ovarien im Östrus (n = 2 pro Genotyp), 40 Plazenten an Tag 28- 30 (WT = 24, T1 = 14; T3 = 2) und 14 GIT (WT = 6, T1 = 5, T3 = 3). Die Expressionshöhe von TIE1 und TIE2 wurde gegen die Referenzgene PECAM und PROCR ermittelt. Die IHC wurde mittels HScore für die einzelnen Organ- bzw. Zelltypen ausgewertet. Zusätzlich wurde die Verteilung von VWF mittels Immunfluoreszenz (IF) untersucht.

Ergebnisse In der IF war erwartungsgemäß eine deutliche Verminderung (T1) bzw. Fehlen (T3) des VWF zu verzeichnen. Die Gene TIE1 und TIE2 waren bei T1 und T3 im GIT und Uteri im Mittel geringer exprimiert, in Ovar und Plazenten jedoch uneinheitlich verändert. In allen Organen war jedoch die Ratio von TIE1 und TIE2 deutlich zugunsten von TIE2 verschoben: im Magen 100%, im Dünndarm 900%, im Uterus 70%, im Ovar 50%, in Plazenten 100% mehr TIE2 als TIE1. Die IHC bestätigte diese Ergebnisse besonders im GIT.

Schlussfolgerungen Das ANG/TIE-System ist stark an der Angiogenese beteiligt. Wir untersuchten erstmals das komplette TIE-System. Unsere Ergebnisse lassen vermuten, dass durch den Überschuss an TIE-2-Rezeptor erstens die hemmende Wirkung von TIE-1 auf TIE-2 reduziert wird und zweitens mehr TIE-2 Ang-2 binden kann, was eine Destabilisierung der Gefäßwände und eine Migration von Endothelzellen herbeiführt. Eine dadurch übersteigerte Angiogenese kann Angiodysplasien nach sich ziehen, die Blutungen und Schwangerschaftskomplikationen verursachen oder begünstigen können.



Publication History

Article published online:
13 November 2020

© 2020. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany