Laryngorhinootologie 2016; 95(02): 125-126
DOI: 10.1055/s-0041-110532
Der interessante Fall
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Therapierefraktäre Heiserkeit bei Granularzelltumor der Stimmlippe

Refractory Hoarseness In Granular Cell Tumor of the Vocal Cord
R. Reiter
1   Univ.-Klinik Ulm - HNO, Sektion Phoniatrie, Ulm
,
J. Ruess
2   Institut für Allgemeinpathologie - Uniklinik Ulm, Ulm
,
S. Brosch
2   Institut für Allgemeinpathologie - Uniklinik Ulm, Ulm
,
A. Pickhard
3   Technischen Universität München - Hals-Nasen-Ohrenklinik München
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Publication Date:
15 January 2016 (online)

Krankengeschichte

Berichtet wird über einen 29-jährigen Patienten, der bei Erstvorstellung seit ca. 12 Monaten über Heiserkeit und Halssensationen klagte, die sich beim Sprechen verstärkten. Er ist ein Außendienstmonteur mit mäßiger Sprechbelastung. Nikotin- oder Alkoholabusus bestanden nicht. Reflux trete gelegentlich auf. Bei der Erstvorstellung klang die Stimme belegt, die Stimmeinsätze waren gedrückt und die mittlere Sprechstimmlage mit 160 Hz etwas erhöht. In der Mikrolaryngostroboskopie zeigte sich im hinteren Stimmlippendrittel links auf Höhe des Processus vocalis eine glatt begrenzte, cremefarbene Raumforderung mit leicht hämorrhagischem Randsaum ([Abb. 1]). Die Stimmlippen waren beidseits seitengleich mobil und reizlos. Mikrostroboskopisch liefen die Feinschwingungen mit reduzierter Amplitude etwas ruckartig ab und reichten an die Raumforderung heran. Ein vollständiger Glottisschluss war in der Stroboskopie möglich. Der weitere HNO-ärztliche Spiegelbefund war altersgemäß unauffällig. Unter der Verdachtsdiagnose eines beginnenden Kontaktgranuloms links bei hypertoner Fehlkompensation und Reflux wurde eine Stimmtherapie zum Abbau der Fehlkompensation eingeleitet, der Patient darauf hingewiesen Räuspern zu meiden und Pantozol 40 mg 1-0-0 als Antazidum rezeptiert. Bei einer Kontrolle nach 3 Monaten zeigte sich jedoch keine entscheidende Besserung der Halssensationen und der Stimmeinschränkungen. Der Larynxbefund blieb unverändert, weshalb eine diagnostische Mikrolaryngoskopie und Abtragung des Befundes zur histologischen Sicherung erfolgte. Die feingewebliche Aufarbeitung erbrachte den Befund eines subepithelialen Tumors, der aus schaumzelligen Infiltraten ohne organoide Grundstruktur aufgebaut war. In der immunhistologischen Aufarbeitung waren die beschriebenen Zellen S-100 und CD68 positiv. Somit entsprach der Befund einem Granularzelltumor ohne Anhalt für Malignität und reichte bis an den Absetzungsrand heran ([Abb. 2]). Bei der beschwerdefreien postoperativen Kontrolle 2 Wochen nach der Abtragung hatten sich bereits die Stimmqualität bzw. Heiserkeit verbessert. Mikrolaryngoskopisch bestanden reizlose Verhältnisse nach Abtragung des Befundes ([Abb. 3]). Wir empfahlen eine phonochirurgische Nachresektion sowie weitere laryngoskopische Kontrollen bei bekannter Rezidivfreudigkeit des Tumors, die der Patient in seinem neuen Heimatland Schweden durchführen wollte, da er am Folgetag nach der Kontrolluntersuchung ausgewandert war.

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Abb. 1 Präoperativer laryngoskopischer Befund eines 29-jährigen Patienten mit einem glatt begrenzten, cremefarbenem Tumor im Bereich des hinteren Stimmlippendrittels links.
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Abb. 2 Dargestellt ist ein (immun-)histologisches Bild des beschriebenen Granularzelltumors der Stimmlippe: A Eine Übersicht des Tumors zeigt Tumorgewebe, das von mehrschichtigem Plattenepithel der Stimmlippe bedeckt ist (Pfeile: Hämotoxylin-Eosin-Färbung; Balken 500 μm). B In einem vergrößertem Ausschnitt sind die typischen polygonalen Tumorzellen mit granulärem und eosinophilem Zytoplasma in einer Hämotoxylin-Eosin-Färbung dargestellt (Balken 50 μm). C Eine immunhistologische Färbung für CD68 markiert die tumortypischen Granula (Balken 50 μm).D Die Tumorzellen sind in der Färbung gegen das S-100 Protein zytoplasmatisch und in den Granula positiv (Balken 50 μm).
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Abb. 3 Im postoperativen Befund zeigen sich reizlose Verhältnisse im Bereich der Abtragungsstelle des Tumors.