Zusammenfassung
Ziel der Studie: Zur Identifikation eines familiären oder hereditären Darmkrebsrisikos wurde vom „Netzwerk
gegen Darmkrebs e. V.“ ein 4-Item-Fragebogen entwickelt. Ziel dieser Studie war die
Überprüfung der Validität beim Einsatz bei 40- bis 54-jährigen Personen im hausärztlichen
Setting.
Methodik: In vier hausärztlichen Praxen des „Forschungsnetzwerks Allgemeinmedizin Frankfurt“
wurden mittels Praxissoftware 100 Indexpatienten ausgewählt, bei denen alle Angehörigen
ersten Grades in der Praxis bekannt waren. Es wurden Stammbäume erstellt, die einen
Abgleich mit den vier Items des Fragebogens vom „Netzwerk gegen Darmkrebs e. V.“ ermöglichten.
Daran anschließend wurden die Indexpatienten durch die medizinischen Fachangestellten
anhand des 4-Item-Fragebogens befragt. Die Übereinstimmung zwischen den Antworten
der Patienten und den Angaben der Hausärzte wurde anhand von Cohens Kappa-Koeffizient
ermittelt.
Ergebnisse: Zur Frage zum Vorkommen von Kolorektalen Karzinomen bei Angehörigen ersten Grades
(Frage 1) fand sich eine fast vollkommene Übereinstimmung der Antworten mit Kappa-Koeffizient
0,82 (KI:0,58–1,10). Die Frage nach einem Kolorektalen Karzinom bei einem Angehörigen
vor dem Alter von 50 Jahren (Frage 2) wurde von den Hausärzten für keinen Patienten
positiv beantwortet, von einem Patienten hingegen bejaht. Eine Interpretation der
Übereinstimmung anhand des Kappa-Koeffizienten erschien hier nicht sinnvoll. Die Frage
nach kolorektalen Polypen vor dem Alter von 50 Jahren (Frage 3) konnte von den Hausärzten
aufgrund fehlender Befunde in der Regel nicht beantwortet werden. Ebenso war eine
Erhebung der Tumorerkrankungen für Angehörige zweiten Grades auf Grundlage der Praxisdokumentation
nicht möglich (Frage 4). Insgesamt 18,8% der Patienten (15/80) bejahte eine oder mehrere
Fragen, die auf ein erbliches Darmkrebsrisiko hinweisen können.
Schlussfolgerung: Die Frage nach einem Angehörigen ersten Grades mit Darmkrebs (Frage 1) eignet sich
gut zur Identifikation von 40- bis 54-jährigen Hausarztpatienten mit familiärem Darmkrebsrisiko.
Die Fragen 2 bis 4 des Fragebogens des „Netzwerk gegen Darmkrebs e. V.“ konnten mit
der von uns gewählten Methodik nicht validiert werden. Die valide Beantwortung von
Frage eins durch 40- bis 54-Jährige ermöglicht diesbezüglich allerdings eine Vorselektion.
In dieser Gruppe kann dann eine weiterführende Anamnese erfolgen.
Abstract
Background: A 4-item-questionnaire has been developed by the „Netzwerk gegen Darmkrebs e. V.“
(Network against colorectal cancer) to identify familial or hereditary susceptibility
to colorectal cancer. The aim of this inquiry was to validate the questionnaire in
40 to 54 year old persons in a general practice setting.
Methods: Four general practices from the „Forschungsnetzwerk Allgemeinmedizin Frankfurt“ database
generated a sample of 100 index patients whose first-degree relatives were known to
the general practitioner. The general practitioners prepared pedigrees in accordance
with the four items of the questionnaire. Subsequently, the index patients were surveyed
by a healthcare assistant on the basis of the questionnaire. The level of agreement
between the patients’ and general practitioners’ responses was measured using Cohen’s
kappa coefficient.
Results: An almost perfect level of agreement was found for question 1 on whether a first-degree
relative had been diagnosed with colorectal cancer (kappa coefficient 0,82; CI: 0,58–1,10).
Question 2 on the existence of a first-degree relative under the age of 50 diagnosed
with colorectal cancer was not answered positively by general practitioners for any
patient, whereas one patient answered the question positively. Interpreting the level
of agreement using the kappa coefficient was meaningless in this case. General practitioners
did not have information to answer question 3 on the occurrence of a colorectal polyp
in a first-degree relative under the age of 50. Likewise, it was impossible to find
the necessary information on second-degree relatives in practice files (question 4).
Overall, 18,8% of all patients (15/80) answered “yes” to one or more questions on
the existence of a hereditary colorectal cancer risk.
Conclusion: Question 1 allows the identification of a familial colorectal cancer risk among 40
to 54 year old persons in a general practice setting. Questions 2 to 4 of the questionnaire
could not be validated using the chosen methodology. However, the valid answer of
40 to 54 year old persons to question 1 allows familial risk to be identified. More
detailed family history-taking regarding hereditary risk should be conducted in this
group.
Schlüsselwörter
Familienfragebogen - familiäres Risiko - Kolorektales Karzinom - Screening - Hausarzt
Key words
family history questionnaire (FHQ) - familial risk - colorectal cancer - screening
- general practitioner