Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2016; 26(03): 101
DOI: 10.1055/s-0042-106247
Referate
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zonen erhöhter Steifigkeit in palpablen strangförmigen Muskelhärten des M. Trapezius sind mittels Magnetresonanz-Elastographie nachweisbar.

Contributor(s):
K. Ammer
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Publication Date:
11 July 2016 (online)

Referat zur Arbeit von Chen Q, Wang HJ, Gay RE, Thompson JM, Manduca A, An KN, Ehman RE, Basford JR. Quantification of Myofascial Taut Bands. Archives of physical medicine and rehabilitation 2016, 97(1), 67-73.

An der Mayo Klinik in Rochester, Minnesota, haben Wissenschafter des Biomechanischen Forschungsinstitutes in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Physikalische Medizin & Rehabilitation und der Abteilung für Radiologie den Zusammenhang zwischen klinisch identifizierten strangförmigen Muskelhärten und deren Erscheinungsbild in der Magnetresonanz-Elastographie (MRE) untersucht.

Untersucht wurden 45 Frauen und 20 Männer mit Schmerzen im ansteigenden Anteil des M. Trapezius. Bei allen Studienteilnehmern wurden von in der muskuloskelettalen Medizin erfahrenen Ärzten strangförmige Muskelhärten nachgewiesen. Nachdem die Lokalisation der Muskelveränderung an der Haut markiert worden waren, wurden intermittierend mit Pressluft Scherkräfte ausgelöst und die Ausbreitung dieser Scherwellen mittels eines 1,5 Tesla Magnetresonanz-Tomographen aufgezeichnet. Die Magnetresonanzbilder wurden von zwei unabhängigen, in der Beurteilung von MRE-Daten erfahrenen Radiologen ausgewertet.

Als Hauptziele der Untersuchung waren die intra- und interindividuelle Zuverlässigkeit der Erkennung von strangförmigen Muskelhärten im MRE und die Übereinstimmung von Elastographie mit dem palpatorischen Nachweis der Muskelveränderung definiert. Als Nebenergebnisse war die Erfassung der physikalischen Eigenschaften insbesondere die Steifigkeit der strangförmigen Muskelhärten und des angrenzenden Muskelgewebes gegeben.

Die intra- und interindividuelle Zuverlässigkeit für die Auswertung der MRE-Bilder war mit Kappa-Koeffizienten von 0.86 (95% Vertrauensbereich 0.68-1.00) bzw.0.93 (95% Vertrauensbereich 0.79-1.00 ausgezeichnet. Die Steifigkeit der im MRE erkannten Muskelhärten war im Mittel auf 11.5±2.4kPa erhöht und verringerte sich auf 5.8±0.9kPa im angrenzenden Muskelgewebe. Die Steifigkeit, die als Substrat des Muskeltonus interpretiert wurde, war im M. Trapezius ohne Muskelhärten mit 6.6±2.1kPa relativ gleichförmig. Die Übereinstimmung zwischen den Palpationsbefunden der Ärzte und den MRE-Ergebnissen war relative mager (63.1%; 95% Vertrauensbereich: 50.2% bis 74.7%).

Die Autoren meinen, dass ihre Ergebnisse darauf hinweisen, dass Kliniker das Vorkommen von strangförmigen Muskelhärten überschätzen, während die derzeitige MRE-Technik diese Veränderung her unterschätzt. Unabhängig davon sind Muskelhärten ein realer Befund, der quantifiziert werden kann und den Ausdruck von umschriebenen Zonen einer erhöhten Muskelsteifigkeit darstellt.

Kommentar

Der Nachweis einer palpablen strangförmigen Verdichtung in einem Muskel ist ein Kriterium für die Diagnose eines myofaszialen Triggerpunktes [1]. Die intra-und interindividuelle Reproduzierbarkeit der palpatorischen Erkennung von Triggerpunkten wurde sowohl mit guter [2] als auch unzureichender Übereinstimmung [3] berichtet. Infrarotthermographie [4], Sonographie [5], Druckalgometrie [6] und Gewebswiderstandmessungen [7] wurden mit widersprechenden Ergebnissen zum Nachweis von umschriebenen Muskelhärten eingesetzt.

Die vorliegende Studie hat das von der Sonographie bekannte Prinzip der Elastographie mit Magnetresonanztechnik abgebildet und klare Unterschiede in der Steifigkeit von umschriebenen Muskelhärten und der angrenzenden Muskulatur gezeigt. Interessant ist dabei, dass in nur 63% der palpatorisch gefundenen Triggerpunkten ein auffälliger Befund in den Magnetresonanzbildern gefunden wurde. Hingegen wurden bei Ultraschall-Elastographie in der palpatorisch unauffälligen Trapeziusmuskulatur in 36% „falsch positive“ Befunde im Sinne von Muskelhärten gefunden [8]. Leider wurden in der aktuellen Studie keine Gesunden untersucht, sodass die Rate „falsch positiver“ Befunde der MRE unbekannt ist.

Die Definition von myofaszialen Triggerpunkten fordert den Nachweis von lokalen strangförmigen Muskelhärten, die umschrieben druckempfindlich sind und eventuell eine Schmerzausstrahlung in Regionen auslösen, die entfernt von der Muskelveränderung liegen. Die Berücksichtigung der lokalen Druckempfindlichkeit bei der klinischen Erkennung könnte eine der möglichen Ursachen für die Diskrepanz zwischen palpatorischer und bildgebender Identifikation von Triggerpunkten sein.

 
  • Literatur

  • 1 Travell J, Simons D. Myofascial pain and dysfunction: the triggerpoint manual. Baltimore: Williams & Wilkins; 1983
  • 2 Njoo KH, Van der Does E. The occurrence and inter-rater reliability of myofascial trigger points in the quadratus lumborum and gluteus medius: a prospective study in non-specific low back pain patients and controls in general practice. Pain 1994; 58: 317-323
  • 3 Lew PC, Lewis J, Story I. Inter-therapist reliability in locating latent myofascial trigger points using palpation. Man Ther 1997; 2: 87-90
  • 4 Fischer AA, Chang CH. Temperature and pressure threshold measurements in trigger points. Thermology 1986; 1: 212-15
  • 5 Kumbhare DA, Elzibak AH, Noseworthy MD. Assessment of Myofascial Trigger Points Using Ultrasound. American Journal of Physical Medicine & Rehabilitation 2016; 95: 72-80
  • 6 Fischer AA. Reliability of the pressure algometer as a measure of myofascial trigger point sensitivity. Pain 1987; 28: 411-4
  • 7 Fischer AA.. Clinical Use of Tissue Compliance Meter for Documentation of Soft Tissue Pathology. Clin J Pain 1987; 3: 23-30
  • 8 Sikdar S, Shah JP, Gebreab T et al. Novel applications of ultrasound technology to visualize and characterize myofascial trigger points and surrounding soft tissue. Arch Phys Med Rehabil 2009; 90: 1829-38