Laryngorhinootologie 2016; 95(10): 734
DOI: 10.1055/s-0042-114364
Fragen für die Facharztprüfung
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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Publication Date:
20 October 2016 (online)

Frage: Sprechen Sie über funktionelle Dysphonien?

Antwort: Als funktionelle Dysphonien werden Heiserkeiten bezeichnet, deren Ursache in nicht organpathologischen Veränderungen des Stimmbildungsapparates liegen. Zur sicheren Diagnose muss immer eine lupenlaryngoskopische und stroboskopische Untersuchung durchgeführt werden. Die Fehlfunktionen werden in hyper- und hypofunktionell eingeteilt. Die häufigste Ursache für die hyperfunktionelle Dysphonie ist eine fehlerhafte Stimmtechnik, z. B. übersteigerter und unökonomischer Stimmgebrauch. Am häufigsten sind stimmbelastete Berufsgruppen, z. B. Lehrer, Schauspieler), Hobbysänger aber auch Kinder betroffen. Neben der chronischen Heiserkeit sind Räusperzwang, Druckgefühl im Kehlkopf, gelegentliches Stimmversagen, Kratzen im Hals typische Symptome. Wichtige ursächliche Phonationsfehler sind zu lautes Sprechen, falsche Atemtechnik und harte Stimmeinsätze. Sonderformen sind die psychogene hyperfunktionelle Dysphonie und die spasmodische Dysphonie. Erstere ist durch schlagartig beginnende und endende Heiserkeit gekennzeichnet. Die spasmodische Dysphonie äußert sich als phonatorischer Adduktoren-(Stimmlippen)-Krampf, d. h. bei extrem gesteigertem Anblasdruck folgt eine gepresste, hohe und sakkadierende Stimme, oder als Abduktoren-Krampf, d. h. stoßartigem aphonen Luftaushauchen. Die Behandlung der Sonderformen umfasst Psychotherapie, Logopädie und ggf. laryngeale Injektionen von Botulinumtoxin. Die chronische Fehlbelastung der hyperfunktionellen Dysphonien kann intralaryngeale Veränderungen bewirken. So entstehen am Ort der höchsten Schwingungsamplitude, zwischen vorderem und mittlerem Stimmlippendrittel, Stimmlippenknötchen. Anfänglich handelt es sich um ein streng symmetrisches fibrohyalines Ödem, das sich nach logopädischer Behandlung meist zurückbildet. Ein später bereits fibrotisch umgebautes Knötchen bedarf nicht selten einer phonochirurgischen Resektion. Bei Kindern ist eine suffiziente logopädische Therapie fast immer ausreichend. Bei der Taschenfaltenstimme erfolgt die Stimmbildung durch Adduktion auf Höhe der Taschenfalten. Bei organischen Stimmlippendefekten kann sie erwünscht sein. Ein Zusammenschlagen der Stimmlippen an der Pars cartilaginea vocalis bei falschem Stimmeinsatz wird für die Entstehung der Kontaktgranulome mitverantwortlich gemacht. Fast immer besteht auch ein gastroösophagealer Reflux.

Bei hypofunktionellen Dysphonien klingt die Stimme hauchig, monoton, hypodynamisch und sie ist wenig belastbar. Sie tritt meist bei allgemeiner Reduktion der Muskelspannkraft (psychische Belastung) oder sekundär als Folge einer jahrelangen hyperfunktionellen Fehlbelastung im Sinne einer Erschöpfung auf. Typische stroboskopische Charakteristika sind schlaffe Schwingungsamplituden und Randkantenverschiebungen. Je nach vorrangiger hypofunktioneller Muskelgruppe findet sich ein inkompletter Glottisschluss, z. B. bei Internusschwäche eine ovalärer Spalt, bei Transversusschwäche ein dorsales Dreieck oder deren Kombinationsformen.

Frage: Beschreiben Sie den Aufbau und die Funktion der Nasen-klappe und ihre Bedeutung in der funktionellen Rhinochirurgie!

Antwort: Die knorplige Infrastruktur der Nase wird von den beiden Seiten- oder Dreiecksknorpeln (Cartilago nasi triangularis), dem Septumknorpel (Cartilago septi nasi oder Cartilago quadrangularis) sowie den beiden Flügelknorpeln (Cartilago alaris nasi) gebildet. Die engste Stelle der Nase, die Nasenklappe, entspricht dem Raum zwischen dem freien Rand des Seitenknorpels und dem Septumknorpel. Durch die membranöse Verbindung des freien Seitenknorpelrandes mit dem oberen Septumrand ist der Seitenknorpel beweglich und stellt ein Ventil im Atemstrom dar. Das Spiel der Nasenklappe wird durch die Nasenflügelmuskulatur bewirkt. Diese feinen Muskeln inserieren am lateralen Flügelknorpel und an den membranösen Anteilen des Nasenflügels und öffnen die Klappe. Durch den Muskulus depressor nasi, der am medianen Flügelknorpelschenkel inseriert, kann zusätzlich der Einstromwinkel verändert werden. Werden diese Muskeln durch ausgedehnte Präparationen geschädigt, resultiert eine steife Nase mit reduzierter Mobilität.

Physiologisch erfolgt im Bereich der Nasenklappe ein Wechsel der Luftströmung der Einatemluft von laminar zu turbulent. Damit wird die eingeatmete Luft über die mittlere und untere Nasenmuschel verteilt und es erfolgt eine optimale Befeuchtung und Erwärmung.

Der Winkel zwischen Septum und Seitenknorpelrand beträgt bei einer normalen Nasenklappe 10–15 °. Die Nasenklappe verursacht etwas 2/3 des gesamten Atemwegswiderstandes der Nase, so dass jede Strukturveränderung in diesem Bereich sich besonders ausgeprägt auf die Atemfunktion der Nase auswirkt. Sowohl ein Klappenwinkel unter 10 ° als auch über 15 ° führt zu einer Nasenatmungsbehinderung. Eine hohe, schmale Nase (Spannungsnase) mit einem verringerten Nasenklappenwinkel führt zu einer Zunahme des Nasenwiderstandes. Bei einer Sattelnase kommt es durch das Absinken der knorpligen Nase zu einer Aufweitung der Nasenklappe mit querovalen, ballonförmigen Nares. Dadurch fehlt die Ventilfunktion der Nasenklappe und es resultiert eine kompensatorische Nasenmuschelhyperplasie mit einer behinderten Nasenatmung.

Häufigste Ursache für eine Einengung der Klappenregion ist eine Septumdeviation in Area I–II. Seltener sind anatomische Varianten der Seiten- und Flügelknorpel, knöcherne Verengungen der Apertura piriformis, narbige Klappenstenosen nach Traumata oder Voreingriffen. Ein einseitiges Problem resultiert meist aus einer Septumdeviation, bei Schiefnasen mit Impressionen einer Nasenseite sowie Narben und Defekten im Nasenflügelbereich z. B. nach Rhinoplastik, Unfall, Z. n. Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte. Beidseitige Einengungen treten auf bei einer schmalen hohe Nasenpyramide (Spannungsnase), breiten Columella mit überlangen gespreizten medialen Flügelknorpelschenkeln, Deformitäten der Flügelknorpel im Bereich des Domes und der lateralen Schenkel und einer Einwärtsrotation des kephalen Anteils der lateralen Flügelknorpelschenkel.

Für eine erfolgreiche funktionelle Korrektur ist die Anamnese und detaillierte Analyse der vorderen Nasenabschnitte essentiell, um bei den verschiedenen Einflussfaktoren auf diese entscheidende funktionelle Struktur der Nase die richtige Therapiemethode auszuwählen.