Z Gastroenterol 2016; 54(12): 1291-1292
DOI: 10.1055/s-0042-118287
Vorwort
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hepatologie 2017: Perspektiven in Klinik und Forschung

Hepatology 2017: from basics to clinics – future perspectives
G. Gerken
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Publication Date:
09 December 2016 (online)

Wie kaum ein anderer Bereich der Inneren Medizin hat die Hepatologie in den letzten Jahren atemberaubende Fortschritte in Diagnostik und Therapie erreicht. Insbesondere die Translation von Grundlagenerkenntnissen, zum Beispiel aus Biologie, Immunologie, Virologie, Genetik und Pathologie in den klinischen Alltag des Hepatologen hat zum Wohle unserer Patienten die spezialisierte medizinische Versorgung bahnbrechend beschleunigt, was sich in der immer präziser werdenden Individualisierung und Personalisierung von Therapiekonzepten zeigt. Die viralen und nicht viralen Hepatitiden sind heute bis ins Molekül charakterisiert und können somit beherrscht werden, um die Langzeitfolgen wie Leberzirrhose und ihre Komplikationen frühzeitig nachhaltig zu behandeln bzw. zu verhindern. Exemplarisch ist dies in der bereits seit 20 Jahren andauernden Erfolgsgeschichte der Ausheilung der Hepatitis C nachzuvollziehen. Mittlerweile ist auch der therapeutische Nihilismus beim primären Leberzellkarzinom durch den Einsatz multimodaler Therapiekonzepte von der Transplantation über die lokale Tumorablation bis zur systemischen Therapie mit zielgerichteten Molekülen, Small Molecules und Immuntherapien wie z. B. den Programmed Death Inhibitoren (PDI) einer optimistischen Zuversicht gewichen. In der interdisziplinären hepatologischen Versorgung hat insbesondere die Etablierung der Lebertransplantation als anerkannte klinische Maßnahme das Schicksal unserer Patienten in den letzten 2 – 3 Jahrzehnten signifikant durch Erkenntnisfortschritte und die Beherrschung der chronischen Lebererkrankungen positiv beeinflusst. Somit wird es in Zukunft gelingen, akute fulminante, ebenso wie akut auf chronische Lebererkrankungen frühzeitig zu diagnostizieren und durch effektive Behandlungsmaßnahmen auszuheilen.

Unverändert gilt es jedoch noch weiterhin viele klinische Probleme der Hepatologie zu lösen, wie die alkoholassoziierten (ASH) und die metabolischen Erkrankungen (NASH). Gerade die nicht alkoholischen Fettlebererkrankungen stellen eine neue Herausforderung der Zukunft dar, um die Fettzirrhose und das assoziierte Leberzellkarzinom zu beherrschen. Last but not least erobert auch die Prävention von Lebererkrankungen zunehmend den medizinischen Alltag. In allen wichtigen Bereichen der Hepatologie wird in Deutschland grundlagenwissenschaftlich und klinisch geforscht, wobei die entscheidenden Fortschritte auf dem Gebiet der Hepatologie in zunehmendem Maße auf interdisziplinären und translationalen Forschungsansätzen beruhen. Nur über die enge Zusammenarbeit zwischen z. B. Virologen, Pathologen, Biochemikern, Pharmakologen, Mikrobiologen, Internisten, Chirurgen und Immunologen werden relevante Erkenntnisse grundlegend aufgedeckt, wie z. B. genetische Polymorphismen, Transportermoleküle, Mediatoren im immunologischen und Tumorbereich sowie Einblicke in die Biologie der Fibrose und Zirrhose.

Das aktuelle GASL-Sonderheft der Zeitschrift für Gastroenterologie unterstreicht die zunehmende Bedeutung und Dynamik auf dem Gebiet der Hepatologie vorbildhaft für die klinisch-translationale Medizin. Ohne die zahlreichen regionalen und überregionalen Forschungsverbundprojekte, die Förderprogramme der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der nationalen Stiftungen sowie die von der Politik inaugurierten Exzellenzprogramme wären die Forschungsfortschritte nicht denkbar. Die starke, vorbildhafte interdisziplinäre Vernetzung auf dem Gebiet der Hepatologie zeigt sich besonders seit über 30 Jahren anlässlich der gemeinsamen Tagungen der GASL (Deutsche Arbeitsgemeinschaft zum Studium der Leber), die 1985 in Mainz unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. Karl-Hermann Meyer zum Büschenfelde ins Leben gerufen wurde. Die GASL ist und bleibt somit eine führende nationale Plattform der wissenschaftlichen Kooperation und wird besonders von Nachwuchswissenschaftlern aus den Grundlagenfächern ebenso wie aus den klinischen Spezialitäten wertgeschätzt. Die besondere Rolle der GASL für junge Nachwuchswissenschaftler wird von Anbeginn gefördert durch ein Programmkomitee von sechs Wissenschaftlern aus verschiedenen Fachrichtungen, die alle zum Zeitpunkt der Wahl nicht älter als 40 Jahre alt sein dürfen. Der Hauptfokus liegt, wie eh und je, in der Präsentation neuer wissenschaftlicher und klinischer Erkenntnisse, die gemeinsam diskutiert werden, ungestört durch Parallelsymposien, Parallelsitzungen oder Satellitensymposien.

Die Beiträge zur GASL 2017 sind wieder in fünf Kategorien gegliedert, die sich inhaltlich mit der Fibrogenese und den Nicht-Parenchymzellen der Leber, mit Metabolismus und Transport, mit klinischer Hepatologie, mit Lebertumoren, Leberchirurgie und Lebertransplantation sowie mit den Virushepatitiden und immunologischen Aspekten auch nicht viraler Hepatitiden auseinandersetzt. Das gesamte Forschungsspektrum von der molekül-, zell- und tiermodellorientierten Grundlagenwissenschaft bis hin zu klinischen Studien und Anwendungen wird präsentiert, spiegelt die Breite der Leberforschung in Deutschland wider und gibt so einen hervorragenden Einblick in den aktuellen Stand und die Zukunft in sämtlichen Bereichen der Hepatologie.

Hierzu soll auch das vorliegende GASL-Sonderheft der Zeitschrift für Gastroenterologie einen Beitrag leisten und die Vielfalt der Themen durch interessante Forschungsergebnisse, Studien, klinische Fallberichte, Übersichten und Editorials exemplarisch darstellen.

Wir hoffen, dass die unterschiedlichen Themen interessante Aspekte für jeden Hepatologen in Forschung, Klinik und Praxis aufzeigen und eine anregende und gewinnbringende Lektüre darstellen im Vorfeld der kommenden GASL-Jahrestagung in Essen, zu der wir Sie alle herzlich einladen möchten.

Prof. Dr. med. G. Gerken Prof. Dr. med. V. Keitel

GASL Präsident 2016/2017 Wiss. Sekretärin der GASL