retten! 2017; 6(01): 72-75
DOI: 10.1055/s-0042-118304
Mein Einsatz
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Die unsichtbare Gefahr

Romy Greiner
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Publication Date:
17 February 2017 (online)

Die Einsatzmeldung lautet „Kollaps“, doch der Patient erscheint auf den ersten Blick wohlauf. Ihm gehe es gut, er benötige keine Hilfe, betont er mehrmals. Das Rettungsteam überlegt, ob es wieder ohne den Patienten abrücken soll. Da ertönt der CO-Melder.

Kommentar

von Volker Wanka, Leiter der LNA-Gruppe Pforzheim/Enzkreis und Mitherausgeber von retten!

Was sich zunächst nach einer routinemäßigen Einsatzmeldung anhört, entpuppt sich im Verlauf des Einsatzes als sehr seltene Diagnose – die CO-Intoxikation. Dabei handelt es sich um ein äußerst rares und zugleich tückisches Krankheitsbild: Es ist meist nicht auf Anhieb zu erkennen und birgt ein erhebliches Gefahrenpotenzial für alle am Einsatz Beteiligten.

Gut, dass die Kollegen den CO-Melder bei sich hatten und aufmerksam auch die Umgebungsbedingungen wahrgenommen haben. So konnten sie schnell die Verdachtsdiagnose „CO-Intoxikation“ stellen und den Patienten sowie sich selbst aus dem Gefahrenbereich bringen. Sonst hätten aus einem Patienten sehr schnell 4 vital bedrohte Patienten werden können. Vorbildlich war, dass die Kollegen trotz ihrer bereits gestellten Diagnose noch den Blutzuckerspie-gel bestimmt haben, um alternative Ursachen der Vigilanzminderung auszuschließen. Schon sehr häufig haben sich Verdachtsdiagnosen wie Apoplex, Krampfanfall und vieles mehr im Nachhinein als eine Entgleisung des Blutzuckerstoffwechsels herausgestellt.

Wie sollen wir uns verhalten, wenn sich nun eine weitere der anwesenden Personen trotz Warnung noch einmal an den Ort der CO-Entstehung begeben möchte? Eine schwierige Situation. Wäre die Polizei schon vor Ort gewesen, hätte man auf die Polizeibeamten einwirken können, den Heizungsmonteur von einem abermaligen Betreten des Hauses abzuhalten. Aber was tun, wenn die Exekutive noch nicht vor Ort ist? Ein entschlossen und laut gerufenes „Stopp! Sie gehen hier nicht rein! Entfernen Sie sich aus dem Gefahrenbereich. Es besteht absolute Lebensgefahr!“ hätte den Arbeiter vielleicht davon abhalten können, das Haus nochmals zu betreten. Sehr gut und pragmatisch war dann die Anweisung, laut zu zählen, um so eine Eintrübung des Monteurs erkennen zu können.

Fazit

Nehmen Sie den CO-Melder generell zu jedem Einsatz mit, auch wenn die Einsatzmeldung zunächst nicht an eine CO-Kontamination denken lässt. Tragen Sie ihn immer direkt am Körper. Es ist nicht zielführend, ihn am EKG oder an einem anderen technischen Ausrüstungsgegenstand zu befestigen, den man im Verlauf des Einsatzes eventuell nicht mehr unmittelbar bei sich hat. Denken Sie bei bewusstseinsgeminderten Patienten immer an die prinzipielle Gefahr einer CO-Intoxikation – und zwar sowohl bei typischen Umgebungsbedingungen (Holzkohlegrill, Heizung, Schwelbrand etc.) als auch bei Situationen, in denen man eigentlich nicht mit der Entstehung von CO rechnet. Außerdem sollte bei vital bedrohten oder vigilanzgeminderten Patienten immer eine periphere Verweilkanüle oder ein i.o. Zugang vorhanden sein, um im Eskalationsfall sofort eingreifen zu können.

 
  • Literatur

  • 1 Richter S. Buggenhagen H. Rauchgasintoxikation – Was tun bei einer CO-Vergiftung?. retten 2013; 2: 192-199