JuKiP - Ihr Fachmagazin für Gesundheits- und Kinderkrankenpflege 2017; 06(01): 6-7
DOI: 10.1055/s-0042-119837
Kolumne · Rechtsticker
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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Tobias Weimer
1   WEIMER I BORK – Kanzlei für Medizin- & Strafrecht, Frielinghausstr. 8; 44803 Bochum, URL: info@kanzlei-weimer-bork.de   URL: www.kanzlei-weimer-bork.de
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Heidi Günther
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Publication Date:
07 February 2017 (online)

KOLUMNE

Tschüs, Elisabeth!

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(Paavo Blåfield)

Abschiedsworte müssen kurz sein wie Liebeserklärungen.

(Theodor Fontane (1819–1898), dt. Schriftsteller)

Auch wenn Außenstehende es kaum für möglich halten werden: In einem Krankenhaus, und sei es noch so klein, arbeiten nicht nur überaus pfiffige, gutaussehende und vor allen Dingen stets und immer gutgelaunte und vor Empathie strotzende Ärzte und Schwestern. Nein, es gibt meist mindestens acht verschiedene Berufsgruppen. Vom medizintechnischen Personal über Haustechnik und Küche bis zur Verwaltung. Jeder arbeitet in seinem Bereich und bestenfalls alle irgendwie gemeinsam. Das ist in unserem Haus, das ja sehr übersichtlich ist, nicht besonders schwer. Jeder kennt den Koch Siggi, den Haustechniker Ludwig, die Laborantin Bianca und jeder fürchtet den Bettenmanager Jürgen. Etwas anders ist es allerdings bei unserem kaufmännischen Direktor, den Menschen vom Controlling oder dem Personalchef: Ich als Stationsleitung kenne diese Menschen gerade noch so – gehe aber davon aus, dass die anderen Kollegen den einen oder anderen Protagonisten der Geschäftsleitung nicht kennen. Von deren Sekretärinnen ganz zu schweigen. Hat überhaupt jeder eine Sekretärin? Und bewege ich mich gerade auf einem schmalen Grat, wenn ich von Sekretärinnen spreche? Hm, ein Sekretär könnte immerhin auch ein Funktionsmöbelstück oder ein, zugegeben, sehr hässlicher, krächzender Vogel sein, der schon mit seinen Tritten töten kann. Vielleicht sollte ich lieber von Office Managers, Büroassistenten oder Teamassistenten sprechen. Schließlich will ich niemandem auf den Schlips treten, und: Ehre, wem Ehre gebührt.

Dabei hat der Beruf einer Sekretärin durchaus Potenzial. Frau Liz Mohn begann als Sekretärin im Bertelsmann-Unternehmen, heiratete ihren Chef und ist heute die wichtigste Person im Konzern. Oder die Witwe des Großindustriellen Herbert Quandt, Johanna Quandt. Sie begann als Sekretärin und endete als Milliardärin. Auch in den Familien Mehdorn und Ackermann lief es ähnlich.

Nun hat es sich für die Kollegin, über die ich hier berichten will, ein bisschen anders ergeben. Es war von vornherein absehbar, dass sie nicht irgendwann ihren Chef heiraten und damit zu schier unerträglichem Wohlstand gelangen sollte. Vielleicht hat sie sich auch deshalb entschieden, noch einmal woanders ihr berufliches Glück zu finden. Und das, obwohl sie doch schon an der 60 kratzt und hier bei uns noch gut und gern bis zur Rente durchhalten könnte. Gerade deshalb habe ich übrigens allergrößten Respekt vor dieser Entscheidung und weiß ganz genau, dass das für mich nicht infrage käme.

Jeder von uns auf Station kennt Elisabeth H. Denn zumindest der erste Kontakt, nachdem man sich entschlossen hat, in unserem Haus als Krankenschwester oder Krankenpfleger arbeiten zu wollen, geht in den allermeisten Fällen über das Sekretariat der PDL, und damit über Elisabeth. Sie verkörpert all das, was ich klischeehaft von einer heutigen Sekretärin erwarten kann und soll. Die Zeiten, in der eine Sekretärin eine Schreibkraft war und mich mit unleserlichen Hieroglyphen und atemberaubender Schnelligkeit an der Schreibmaschine beeindruckte, sind längst vorbei. Das Aufgabenfeld dieses Berufs hat sich doch sehr gewandelt. Heute sind sie Office Manager, die ihren Chefs den Rücken frei halten, deren Berufsalltag koordinieren und eigenständig Projekte betreuen. Für Außenstehende sind die Grenzen zwischen einer Sekretärin und deren Chef oft sehr fließend. Auch bei Elisabeth muss man schon ein gewisses Procedere gemeistert und Durchhaltevermögen entwickelt haben, um an ihr vorbei an unsere PDL zu kommen. Früher war es sehr trickreich, im Büro der PDL anzurufen, wenn man sich sicher war, dass Elisabeth gerade nicht an ihrem Schreibtisch saß. Aber in Zeiten der Headsets für Telefonanlagen ist auch das vorbei. Elisabeth ist immer und überall. Zumindest ist sie mit so einem Headset auch für hausfremde Menschen als nichtpflegende, aber durchaus kundige Person erkennbar.

Ich persönlich finde ja, dass so ein schnittiges Headset mir auch gut stehen und einen gewissen Touch Professionalität und Unabkömmlichkeit verleihen würde. Ich wäre noch mehr busy, was dann allerdings auch fast nicht mehr auszuhalten wäre. Nur wäre es bei mir Vortäuschung falscher Tatsachen, während Elisabeth offensichtlich immer viel zu tun hatte und für ihre und unsere Chefin unabdingbar und wichtig war. Ich kann nur hoffen und wünschen, dass sie das in den letzten Jahren auch von uns allen so empfunden hat und ebenso zufrieden und fröhlich auf die vergangenen Jahre zurückblickt.

Nicht, dass es ihr so geht wie Johann Peter Eckermann, seinerzeit stets verkannter und völlig unterschätzter Sekretär von Johann Wolfgang von Goethe. Eckermann über Goethe: „Mein Verhältnis zu Goethe war eigentümlicher Art und sehr zarter Natur. Es war das des Schülers zum Meister, das des Sohnes zum Vater, das des Bildungsbedürftigen zum Bildungsreichen. Er zog mich in seine Kreise und ließ mich an den geistigen und leiblichen Genüssen eines höheren Daseins teilnehmen.“ Und Goethe über Eckermann: „Eckermann schleppt, wie eine Ameise, meine einzelnen Gedichte zusammen; ohne ihn wäre ich nie dazu gekommen.“

Liebe Elisabeth, wir hoffen, Du hattest eine gute Zeit mit uns und bei uns. Wir wünschen Dir von Herzen alles Gute!

Und allen, die in nächster Zukunft einen Neustart wagen: toi, toi, toi!

In diesem Sinne, Ihre

Heidi Günther
hguenther@schoen-kliniken.de