Intensivmedizin up2date 2017; 13(02): 159-173
DOI: 10.1055/s-0042-122814
Allgemeine Intensivmedizin
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Pharmakokinetik bei Anwendung von Nierenersatzverfahren auf Intensivstation

Erik Michael
,
Thomas Dimski
,
Detlef Kindgen-Milles
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Publication Date:
23 May 2017 (online)

Eine adäquate Dosierung von Antibiotika ist auch bei Patienten mit Sepsis und Nierenfunktionsstörung essenziell. In dieser Arbeit werden die wichtigsten pharmakologischen Grundlagen dargestellt und Dosierungsempfehlungen bei Patienten mit und ohne Nierenersatztherapie gegeben. Da Patienten mit Sepsis aufgrund der hämodynamischen Instabilität in der Regel mit kontinuierlichen Nierenersatzverfahren behandelt werden, beschränken sich unsere Empfehlungen auf diese Therapieform.

Kernaussagen
  • Die akute Nierenfunktionsstörung („acute kidney injury“, AKI) ist eine häufige Komplikation bei Intensivpatienten. Definition und Stadieneinteilung erfolgen nach den Guidelines der KDIGO (= Kidney Disease Improving Global Outcome) auf Basis des Kreatininwertes und der Diurese.

  • Die wichtigste Ursache für das AKI auf der Intensivstation ist die Sepsis, aber auch große operative Eingriffe, Trauma, Schock jeder Genese und Medikamententoxizität können zum AKI führen.

  • Die Beurteilung der Nierenfunktion erfolgt in der Routine häufig über die Laborwerte Kreatinin und Harnstoff. Diese sind im intensivmedizinischen Umfeld nicht präzise. Genauere Aussagen können die Bestimmung von Cystatin C und die Harnstoff- bzw. Kreatinin-Clearance liefern.

  • Veränderungen der Pharmakokinetik bei Intensivpatienten unterliegen zahlreichen Einflüssen und sind daher schwer vorhersehbar. Eine AKI erschwert die Dosisfindung zusätzlich, weil die renale Ausscheidung und häufig auch das Verteilungsvolumen verändert sind.

  • Bei Patienten mit AKI sollten nephrotoxische Medikamente wo möglich vermieden oder durch weniger toxische Substanzen ersetzt werden. Ist dies nicht möglich, können häufige Spiegelbestimmungen bei einigen Medikamenten toxische Wirkungen reduzieren oder vermeiden.

  • Für die Medikamentendosierung bei AKI mit und ohne Nierenersatztherapie existieren theoretische Modelle, aus denen Dosierungsempfehlungen abgeleitet werden können. Dabei müssen nicht nur Überdosierungen, sondern auch Unterdosierungen vermieden werden.

  • Bei der Sepsis ist die zielgerichtete und effektive Antibiotikadosierung essenziell. Für Patienten mit AKI gibt es daher Dosierungsschemata, die auch eine eventuelle Nierenersatztherapie einbeziehen. Bei einer effektiven kontinuierlichen Nierenersatztherapie besteht insbesondere bei β-Laktamantibiotika die Gefahr einer Unterdosierung. Bei kontinuierlicher Nierenersatztherapie erfolgt zumindest in den ersten 48 – 72 Stunden keine Reduktion der Antibiotikadosis.