Z Geburtshilfe Neonatol 2022; 226(S 01): S23
DOI: 10.1055/s-0042-1748626
Abstracts | DGPGM

Fortsetzung der Schwangerschaft nach Mifepriston-Exposition im ersten Trimenon

W Paulus
1   Universitätsfrauenklinik Ulm, Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie, Ulm, Deutschland
,
U Friebe-Hoffmann
2   Universitätsfrauenklinik Ulm, Ulm, Deutschland
,
W Janni
2   Universitätsfrauenklinik Ulm, Ulm, Deutschland
› Institutsangaben
 

Einleitung Bei Mifepriston handelt es sich um einen Norethisteron-Abkömmling mit starker antigestagener Wirkung, der zur Abortinduktion eingesetzt wird. In Tierversuchen an Kaninchen fielen nach Gabe von Mifepriston in der Frühgravidität Wachstumsretardierungen, Neuralrohrdefekte und andere Anomalien auf. Das Risiko einer Fruchtschädigung nach dem erfolglosen Versuch einer Abortinduktion mit Mifepriston in der Frühschwangerschaft lässt sich bislang nicht klar beurteilen. Prinzipiell ist jedoch anzunehmen, dass Mifepriston die normale Embryogenese beeinträchtigen kann.

Material und Methodik Im Rahmen einer prospektiven Follow-up-Studie wurden von unserem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum zwischen 2002 und 2020 27 Schwangerschaften dokumentiert, die auf mütterlichen Wunsch aus psychosozialen Gründen beendet werden sollten. Nach Applikation von Mifepriston (Gesamtdosis pro Fall: 200 – 1.800 mg) zur Abortinduktion äußerten die betreffenden Patientinnen den Wunsch, ihre Schwangerschaft doch fortzusetzen. Die betreuenden Fachärzte nahmen mit unserem Zentrum Kontakt auf, um das teratogene Risiko abschätzen zu lassen. Drei Monate nach dem errechneten Entbindungstermin erhielten die Anfragenden einen strukturierten Erhebungsbogen zur Dokumentation von Schwangerschaftsverlauf und -ausgang.

Ergebnisse Von den registrierten 27 Frauen im Alter zwischen 18 und 43 Jahren (Median 34 Jahre) hatten 14 Schwangere neben Mifepriston zusätzlich Misoprostol (Gesamtdosis 200 – 800 µg) erhalten. Elf Patientinnen entschieden sich aufgrund der insuffizienten Datenlage endgültig zum Schwangerschaftsabbruch, drei Schwangerschaften endeten später mit einem Spontanabort. 13 Schwangerschaften wurden ausgetragen, obwohl auch hier schon Misoprostol (Gesamtdosis: 400 – 800 µg) in sieben Fällen eingesetzt worden war. Das Geburtsgewicht der Kinder (Mädchen: n=7, Jungen: n=6) lag zwischen 2.210 g und 3.750 g (Median: 3.320 g) bei einem Geburtstermin zwischen SSW 34/3 und SSW 41/0 (Median: SSW 39/6). Lediglich ein Neugeborenes wies eine Auffälligkeit (einseitige Nierenagenesie) auf.

Diskussion Unsere prospektive Follow-up-Studie ließ kein teratogenes Potenzial nach abgebrochener Abortinduktion mit Mifepriston im ersten Trimenon erkennen. Angesichts der begrenzten Datenlage sollte jedoch die Schwangere nach reiflicher Überlegung vor Beginn der Abortinduktion eine klare Entscheidung treffen, um das Risiko einer möglichen Fruchtschädigung durch Mifepriston und Misoprostol zu vermeiden.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
11. Mai 2022

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