Klin Padiatr 2022; 234(05): 323-324
DOI: 10.1055/s-0042-1754460
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Offene kavernöse Lungentuberkulose durch M. Bovis – zwischen toxischer Hepatopathie und therapeutischem Drug-Monitoring: eine Fallvorstellung

V Galffy-Mühlbacher
1   Klinik Ottakring, Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, Wien, Austria
,
K Kainz
1   Klinik Ottakring, Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, Wien, Austria
,
F Götzinger
1   Klinik Ottakring, Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, Wien, Austria
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M Langthaler
1   Klinik Ottakring, Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, Wien, Austria
,
M Bogyi
1   Klinik Ottakring, Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, Wien, Austria
,
A Zacharasiewicz
1   Klinik Ottakring, Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, Wien, Austria
› Author Affiliations
 

Hintergrund Weltweit stellt Tuberkulose nach COVID-19 die zweithäufigste Todesursache durch einen einzelnen Krankheitserreger dar [1]. Laut dem Jahresbericht der AGES [2] wurden in Österreich 2019 474 Tuberkulosefälle gemeldet, 87 Fälle davon im Kindes- und frühen Erwachsenenalter. Von den 474 Patienten konnte nur bei einem Mycobacterium Bovis (M. Bovis) nachgewiesen werden. M. Bovis ist dem Mycobacterium Tuberculosis-Komplex zugeordnet, aber inhärent Pyrazinamid(PZA)-resistent. Weltweit ist die Inzidenz von M. Bovis weitgehend unklar, da für die Unterscheidung zwischen M. Bovis und M. Tuberculosis ein Wachstum im Kulturmedium nötig ist. In einigen Ländern allerdings erfolgt die Diagnose nur mittels PCR.

Methodik Fallvorstellung einer 15-jährigen Patientin mit chronischem Husten, Gewichtsverlust, Fieber und Magenschmerzen, die nach ambulanter empirischer Antibiose bei sistierender Symptomatik ausgeprägte Tuberkulose-suspekte Veränderungen in der Thorax-Computertomographie zeigte. Durch weiterführende Diagnostik an unserem Zentrum bestätigte sich der Verdacht einer offenen kavernösen Lungentuberkulose, daher wurde eine 4-fach Therapie (Isoniazid, Rifampicin, Pyrazinamid, Ethambutol) etabliert. Nach zwei Therapiewochen wurde ein Anstieg der Leberfunktionsparameter (LFP) im Sinne einer toxischen Hepatopathie beobachtet und die Therapie gänzlich pausiert. Eine Woche später normalisierten sich die LFP, erst erfolgte ein Therapie-Re-Start mit Rifampicin und Ethambutol, folgend mit Isoniazid und Levofloxacin. Aufgrund der pharmakokinetischen Induktorrolle von Rifampicin lag der Levofloxacin-Spiegel deutlich unter dem therapeutischen Bereich, daher fand ein Wechsel auf Linezolid statt. In der Kultur zeigte sich ein Wachstum von M. Bovis. Die Umgebungsuntersuchung ergab keine weiteren infizierten Personen. Den Genuss von unpasteurisierten Milchprodukten verneinte die Patientin.

Ergebnisse Unter dieser Therapie kam es zu einer deutlichen Besserung aller Symptome.

Schlussfolgerung Eine Infektion mit M. Bovis kommt in Österreich sehr selten vor. Die Zusammenstellung der Kombinationstherapie war aufgrund toxischer Nebenwirkungen und unzureichender therapeutischer Medikamentenspiegel erschwert. Bei fehlendem Indexfall und Auslandsreisen in Endemiegebiete, insbesondere beim Nachweis einer PZA-Resistenz, sollte an M. Bovis gedacht werden.



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Article published online:
21 September 2022

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