Klin Padiatr 2022; 234(05): 351
DOI: 10.1055/s-0042-1754530
Abstracts
Poster
Poster Walk 6: Kausistiken (case reports)

Luft muss in die Lungen – aber wie? Eine Kombination extremer Frühgeburtlichkeit und Trachealagenesie

C Schmalstieg
1   Universität Münster, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Allgemeine Pädiatrie, Münster, Germany
,
T Ott
1   Universität Münster, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Allgemeine Pädiatrie, Münster, Germany
,
J Große-Onnebrink
1   Universität Münster, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Allgemeine Pädiatrie, Münster, Germany
› Author Affiliations
 

Wir berichten über die Erstversorgung mit Exitus letalis eines Frühgeborenen der 24+6. Schwangerschaftswoche mit pränatal unbekannter Trachealagenesie.

Fallbeschreibung Die Entbindung erfolgte aufgrund eines unaufhaltsamen Geburtsprozesses spontan in der 24+6. Schwangerschaftswoche. Die Schwangere war nur wenige Stunden zuvor in der Geburtsklinik aufgenommen worden. Eine RDS-Prophylaxe war erst unvollständig erfolgt. Im Vorfeld der Geburt waren keine Fehlbildungen des männlichen Kindes bekannt. Das Geburtsgewicht betrug 700 g. Wir sind als universitäres pädiatrisches Zentrum mit Neonatologie, kinderpneumologischem Team und Kinderchirurgie regionaler Maximalversorger und auf die Versorgung von ELBW-Frühgeborenen und Kindern mit Fehlbildungen spezialisiert.

Im Rahmen der Erstversorgung präsentierte sich der Junge ohne eigenen Atemantrieb, zyanotisch und bradykard (Herzfrequenz um 60/min). Wir begannen umgehend eine Maskenventilation am Respirator und eskalierten zügig die Beatmungsparameter (+5mbar/Blähmanöver). Eine erste effektive Ventilation mit sichtbarer Thoraxexkursion erfolgte bei einem Spitzendruck von 45mbar nach Wechsel auf einen Rachentubus und Anlage einer Magensonde. Nachfolgend war das Kind unter extremen Beatmungsdrücken und FiO2 1,0 oxygenierbar. Es entwickelte jedoch eine massive Hyperkapnie. Eine flexible Endoskopie zeigte eine Trachealagenesie mit subglottischem Blindsack und ösophagobronchialer Fistel. Nach Kenntnis der Fehlbildung und interdisziplinärer Notfallkonferenz erfolgte unter der Differentialdiagnose eines prinzipiell perforierbaren „tracheal web“ ein Intubationsversuch mit starrem Führungsdraht ebenfalls ohne Erfolg. Angesichts der Größenverhältnisse bestand für das Kind keine kinderchirurgische Therapieoption. Der Junge erhielt eine palliative Analgosedierung. Wir stellten die Ventilationsbemühungen ein. Das Kind verstarb im Alter von 3 Lebensstunden. Eine Obduktion wurde von den Eltern abgelehnt.

Fazit Eine Trachealagenesie mit tiefer ösophagobronchialer Fistel ist eine seltene Fehlbildung aus dem Formenkreis der CHAOS-Fehlbildungen (Congenital High Airway Obstruction Syndrome). Die pränatale Kenntnis ermöglicht oft eine postnatale chirurgische Versorgung mit Tracheostoma noch angenabelt an der ungeborenen Plazenta (sog. EXIT-Procedur). In Kombination mit einer extremen Frühgeburtlichkeit liegt hier jedoch noch immer eine Grenze der Lebensfähigkeit.



Publication History

Article published online:
21 September 2022

© 2022. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany