Suchttherapie 2022; 23(S 01): S6
DOI: 10.1055/s-0042-1755953
Abstracts
S02: Epidemiologie des Alkohol- und Drogenkonsums

Erste Ergebnisse aus NEWS: bundesweites Frühwarnsystem zu Neuentwicklungen im Bereich psychoaktiver Substanzen und Medikamentenmissbrauch

E Neumeier
1   IFT Institut für Therapieforschung, München
,
R Kühnl
1   IFT Institut für Therapieforschung, München
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Einleitung Seit einem Jahr läuft das Pilotprojekt NEWS (National Early Warning System) zum Aufbau eines bundesweiten Frühwarnsystems, um Neuentwicklungen im Bereich illegaler psychoaktiver Substanzen und Medikamentenmissbrauch zu erkennen und Helfer*innen und Konsumierende darüber zu informieren.

Material und Methodik NEWS umfasst ein Routinemonitoring verschiedener Datenquellen. Unter anderem werden Online-Befragungen von Expert*innen und Konsumierenden zu Neuentwicklungen und Konsumprävalenzen durchgeführt sowie Userforen qualitativ analysiert. Außerdem besteht für Konsumierende ab Sommer 2022 die Möglichkeit, über Partnereinrichtungen Substanzproben zur Analyse einzuschicken, die auf besonders gefährliche/neue Stoffe hin analysiert werden. Auf dieser Basis werden Warnmeldungen im Netzwerk und auf der Website verbreitet. Zudem werden bei Hinweisen auf Neuentwicklungen anlassbezogene „Trendspotter“-Datenerhebungen durchgeführt, die qualitative und quantitative Methoden der Sozialforschung kombinieren.

Ergebnisse In das erste der im Rahmen von NEWS publizierten Quartalsupdates flossen Daten von n=84 Expert*innen und n=355 Konsumierenden ein. Die befragten Konsumierenden kamen größtenteils aus Partyszenen und berichteten hohe Jahresprävalenzen für den Konsum von THC-haltigem Cannabis und Stimulanzien (jeweils 71,4%) sowie Halluzinogenen (57,5%). Opioide, besonders opioidhaltige Medikamente, wurden von 20,6% genannt, Benzodiazepine von 17,8% und NPS von 16,2%. Qualitativ wurden von Expert*innen und Konsumierenden Neuentwicklungen verstärkt bei NPS, opioidhaltigen Medikamenten und Benzodiazepinen sowie Halluzinogenen, insbesondere Ketamin, genannt. Coronabedingt habe sich außerdem der Konsum stoffübergreifend von Partys vermehrt in den privaten Raum verlagert, wobei gefährlichere Konsummuster zugenommen haben. Beim Kongress werden überdies Ergebnisse des zweiten Quartalsupdates vorgestellt. Zudem wurde die erste Trendspotterhebung zu vermehrtem Crackkonsum in der offenen Drogenszene veröffentlicht sowie verschiedene Warnmeldungen (u.a. zu Todesfällen im Zusammenhang mit synthetischen Opioiden).

Zusammenfassung Der Aufbau des neuen Frühwarnsystems ist noch nicht abgeschlossen. Erste Befragungen zeigen dynamische, teils stark gesundheitsgefährdende Entwicklungen, die sich zwischen den einzelnen Szenen sowie regional unterschieden. Daher kommt der schnellen Information von Fachkräften und Konsumierenden eine immer größere Bedeutung zu.



Publication History

Article published online:
30 August 2022

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