Suchttherapie 2022; 23(S 01): S9
DOI: 10.1055/s-0042-1755962
Abstracts
S05: Symposium „Städtische Drogenszenen“ – Analysen, Befunde und Leitgedanken zur Weiterentwicklung kommunaler Drogenpolitik am Beispiel der Stadt Frankfurt“

Crack, Heroin und alles andere – Erkenntnisse aus 20 Jahren regelmäßiger Befragungen der Frankfurter Drogenszene

B Werse
1   Goethe-Universität Frankfurt, Frankfurt am Main
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Einleitung Das Centre for Drug Research begleitet mit diversen Erhebungen seit mehr als einem Vierteljahrhundert die Entwicklungen in der Frankfurter 'harten Szene'. Der Umgang mit dieser Gruppe von Menschen, die Drogen konsumieren, ist seit jeher ein Dauerthema in der Lokalpolitik. Mit der wissenschaftlichen Begleitung des Phänomens werden regelmäßig die drängendsten Probleme, Änderungen im Konsum, aber auch mögliche Gründe für die spezifischen Ausprägungen des Umfelds in Frankfurt erhoben, auf dessen Basis Entscheidungen über politische Maßnahmen getroffen werden.

Material und Methodik Nach einer ähnlichen Erhebung im Jahr 1995 findet seit 2002 im Rahmen des lokalen Drogenmonitoring-Projektes MoSyD alle zwei Jahre eine quantitative Face-to-face-Befragung unter jeweils 150 Menschen, die der 'harten Szene' zuzurechnen sind, statt. Damit können mittels statistischer Auswertungen (u.a. Turnusvergleichen) Entwicklungen im Konsum sowie weiterer Spezifika nachvollzogen werden. Zudem bietet eine qualitative Befragung von 30 Konsumierenden Einblicke in Motive für den Crackkonsum; qualitative Erhebungen im Rahmen des Sicherheitsforschungsprojekts DRUSEC zeigen Begleitprobleme im Umfeld der Szene sowie mögliche Lösungsvorschläge auf.

Ergebnisse Im Vergleich zu anderen urbanen 'Drogenszenen' weist Frankfurt insgesamt hohe Prävalenzraten von 'harten' Substanzen wie Heroin und insbesondere Crack auf, mit diversen Schwankungen im Zeitverlauf. Gründe für den hohen Crackkonsum können meistens nicht angegeben werden. Die Wohnungssituation ist mittlerweile mehrheitlich als prekär zu bezeichnen. Die Situation hinsichtlich Gesundheit, insbesondere Überdosisrisiko hat sich mit Etablierung von Schadensminimierung deutlich verbessert. Probleme mit Szeneangehörigen im öffentlichen Raum haben sich hingegen in den letzten Jahren hingegen eher intensiviert.

Zusammenfassung Die 'harte Szene' im Frankfurter Bahnhofsviertel stellt für Lokalpolitik und Öffentlichkeit weiterhin eine große Herausforderung dar, da sich einerseits die Möglichkeiten, als Konsument*in zu überleben, deutlich verbessert haben, nicht aber die allgemeine Lebenssituation intensiv Drogen konsumierender Menschen im Spannungsfeld zwischen Toleranz, Hilfe und Repression. Eine Weiterentwicklung schadensminimierender Angebote wäre ebenso wünschenswert wie Möglichkeiten legalen oder zumindest tolerierten Umgangs mit den konsumierten Substanzen.



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Article published online:
30 August 2022

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