Suchttherapie 2022; 23(S 01): S39
DOI: 10.1055/s-0042-1756052
Abstracts
S28: Spezifische Zielgruppen und Stigmatisierung

StepLTX Stigmatisierungserleben von Menschen nach Lebertransplantation in Deutschland

T Linzbach
1   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg
,
A Buchholz
1   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg
,
B Hüchtemann
2   Lebertransplantierte Deutschland e.V, Witten
,
J Riemer
2   Lebertransplantierte Deutschland e.V, Witten
,
S Kröncke
1   Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg
› Author Affiliations
 

Einleitung Patient:innen nach einer Lebertransplantation stehen vor verschiedenen psychosozialen Herausforderungen. Abgesehen von der Unterschiedlichkeit dieser Patienten hinsichtlich ihrer psychosozialen Funktionsfähigkeit und der Schwere ihrer medizinischen Probleme haben sie die Gemeinsamkeit, dass sie in einem sozialen Kontext erkrankt sind. Aus dieser sozialen Perspektive kann die Erfahrung der Stigmatisierung nach einer Lebertransplantation eine mögliche Folge der Lebertransplantation und der damit verbundenen Krankheit sein. Es gibt jedoch nur wenig Literatur über das Erleben von Stigmatisierung nach einer Lebertransplantation. Ziel dieser Studie war es, zu untersuchen, inwieweit Menschen nach einer Lebertransplantation in verschiedenen Lebens- und Versorgungssituationen Stigmatisierung erleben.

Material und Methodik Unter Anwendung partizipativer Forschungsprinzipien wurden alle Schritte der Studie von einem Betroffenenbeirat begleitet. Es wurden zehn problemzentrierte Interviews geführt und nach der Transkription wurde das Textmaterial mittels inhaltsstrukturierter qualitativer Inhaltsanalyse analysiert. Die Ergebnisse wurden in das Health Stigma and Discrimination Framework eingebettet.

Ergebnisse Stigmatisierungserfahrungen wurden von allen Beteiligten in allen relevanten Lebens- und Versorgungssituationen berichtet und in ihren gravierenden Folgen detailliert beschrieben. Obwohl keine der befragten Personen eine alkoholassoziierte Lebererkrankung hatte, basierten die häufigsten Stigmatisierungserfahrungen auf dem Stereotyp, dass Menschen mit Lebererkrankungen Alkoholiker:innen sind. Als weitere Stigmatisierungserfahrungen wurden beschrieben, dass die Betroffenen ihre Krankheit selbst verschuldet haben, dass sie eine Belastung für das Pflege- und Versicherungssystem darstellen und dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit keine wahrheitsgemäßen Angaben über die Ursache ihrer Erkrankung machen. Es wurden psychische, körperliche und strukturelle Folgen herausgearbeitet.

Zusammenfassung Diese qualitative Studie belegt, dass die Erfahrung von Stigmatisierung eine große Herausforderung für Patient:innen nach einer Lebertransplantation darstellt. Weitere Studien sind erforderlich, um die Ergebnisse mit quantitativen Designs und größeren Stichproben zu untermauern.



Publication History

Article published online:
30 August 2022

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