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DOI: 10.1055/s-0042-1756068
Bundeseinheitliche Datenerhebung zur stoffgebundenen Suchtproblematik im Justizvollzug
Einleitung Belastbare und vergleichbare Daten über die stoffgebundene Suchtproblematik der in deutschen Justizvollzugsanstalten untergebrachten Personen lagen nicht vor. Der Strafvollzugsausschuss der Länder beschloss deshalb in aufeinanderfolgenden Schritten das Erarbeiten eines Erhebungskonzeptes, die Einführung einer Datenerhebung sowie die regelmäßige Ergebnisveröffentlichung der seit 2016 jährlich durchzuführende Erhebung. Die Erfassung erfolgt jeweils zum Stichtag 31. März.
Material und Methodik Nach Internationaler statistischer Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD 10), Kapitel V, F10 – F19 wird die Anzahl substanzabhängiger und substanzmissbrauchender inhaftierter Personen erhoben. Unberücksichtigt bleibt Tabakkonsum (F 17). Das Ausmaß der individuellen Suchtproblematik wird unmittelbar nach Aufnahme zur Haft eingeschätzt. Die Anzahl der Opiatsubstituierten wird ergänzend erfasst. Die Daten orientieren sich an den Unterteilungen in der Bundesweiten Vollzugsstatik „Bestand der Gefangenen und Verwahrten in den deutschen Justizvollzugsanstalten nach ihrer Unterbringung auf Haftplätzen des geschlossenen und offenen Vollzugs".
Ergebnisse Die mit Hilfe eines Erhebungsmanuals erhobenen Daten von 15 der 16 Bundesländer wurden zum Stichtag 31. März 2021 ausgewertet. Demnach weisen 27 % (Abhängigkeit) und 15 % (Missbrauch) der männlichen Inhaftierten (n = 53.562) eine Suchtproblematik auf. Bei den inhaftierten Frauen (n = 3.174) wurde bei 27 % eine Substanzabhängigkeit und bei 9 % ein missbräuchlicher Konsum eruiert. Substituiert wurden am Stichtag 430 weibliche und 2.927 männliche Personen.
Zusammenfassung Die Daten werden vorgestellt und auf Limitierungen wird hingewiesen. Insbesondere die länderspezifischen Organisationsstrukturen, vorrangig die fachliche Zuständigkeit und die Dokumentationsform, limitieren die Vergleichbarkeit. Durch die Diagnosecodierung bei Aufnahme werden die Daten bezüglich langer Vollzugsverläufe verzerrt. Durch veränderte Vollstreckungspraxis während der Pandemie ist eine longitudinale Bewertung erschwert. Zugleich werden die ersten bundesweiten Daten bereitgestellt, aus denen die Herausforderungen in der Suchtbehandlung für den Justizvollzug abgeleitet werden können. Die Erhebung erfasst erstmals flächendeckend den Konsum psychotroper Substanzen bei Haftantritt. Ein erhebliches Konsumproblem wird festgestellt, dass auf Grund der Erhebungsform eher einer Unterschätzung entsprechen dürfte. Die Daten stehen nun für die Interventionsplanung zur Verfügung.
Publication History
Article published online:
30 August 2022
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Georg Thieme Verlag
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Germany