Suchttherapie 2022; 23(S 01): S47-S48
DOI: 10.1055/s-0042-1756076
Abstracts
S35: (Problematische) Nutzung des Smartphones und sozialer Netzwerke: Aktuelle Perspektiven

Verbessert eine kontrollierte Veränderung der Smartphonenutzung die psychische Gesundheit und den Lebensstil?! Eine experimentelle längsschnittliche Intervention

J Brailovskaia
1   Forschungs- und Behandlungszentrum für psychische Gesundheit, Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie, Ruhr-Universität Bochum, Bochum
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Einleitung Die Bedeutung der Smartphonenutzung hat seit Beginn der COVID-19 Pandemie, die die Offline-Interaktion eingeschränkt hat, zugenommen. Trotz der Vorteile der Nutzung belegen aktuelle Studienbefunde, dass sich diese negativ auf die psychische Gesundheit auswirken und suchtartige Symptome hervorrufen kann. Die vorliegende experimentelle Studie untersuchte, wie sich diese negativen Auswirkungen längerfristig reduzieren lassen.

Material und Methodik Insgesamt wurden 619 Teilnehmende randomisiert drei Gruppen zugeordnet. Die erste Experimentalgruppe (N=200) verzichtete für eine Woche vollständig auf die Smartphonenutzung, die zweite Experimentalgruppe (N=226) reduziere für eine Woche ihre tägliche Nutzungszeit um 1h, die Kontrollgruppe (N=193) erhielt keine spezifische Instruktion. Alle Gruppen beantworteten vier Online-Umfragen (Prä-Messung: Tag 0; Post-Messung: Tag 8; Follow-up1: ein Monat nach Post-Messung; Follow-up2: vier Monate nach Post-Messung) zur psychischen Gesundheit (Lebenszufriedenheit, suchtartige Smartphonenutzung, Depressions-, Angstsymptome) und zum Lebensstil (sportliche Aktivität, Nikotinkonsum).

Ergebnisse Varianzanalysen mit Messwiederholung zeigten signifikante Gruppenunterschiede sowie signifikante Veränderungen innerhalb der Experimentalgruppen über die Zeit. In beiden Experimentalgruppen kam es zur signifikanten Reduktion von suchtartiger Smartphonenutzung, Depressions- und Angstsymptomen. Dagegen stiegen Lebenszufriedenheit und sportliche Aktivität signifikant an. Die Effekte der Reduktion waren größer und zeitlich stabiler als die Effekte des Verzichts. Nur die Reduktion führte zur signifikanten Abnahme vom Nikotinkonsum.

Zusammenfassung Die vorliegenden Studienbefunde zeigen, dass eine kontrollierte Reduktion der Smartphonenutzungszeit längerfristig förderlich für die psychische Gesundheit und einen gesunden Lebensstil sein kann. Ein vollständiger Verzicht auf die Nutzung ist nicht notwendig. Präventionsprogramme zum Schutz der psychischen Gesundheit sollten Schulungen zum kompetenten Umgang mit dem Smartphone beinhalten. Auch sollte die Kontrolle der Smartphonenutzung im Rahmen der psychotherapeutischen Behandlung berücksichtigt werden, um den Therapieerfolg zu unterstützen.



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Article published online:
30 August 2022

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