Die Wirbelsäule 2017; 01(02): 139-151
DOI: 10.1055/s-0043-102207
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Dynamische lumbale Techniken: Erwartungen und Evidenz

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  • Michael Stoffel

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Publication Date:
03 May 2017 (online)

Zusammenfassung

Eine abnormale Bewegungsqualität der Wirbelsäule ist die Grundlage für schmerzhafte degenerative Prozesse an der Lendenwirbelsäule. Lange Zeit galt die rigide Stabilisierung als Goldstandard der Behandlung. Bei nicht zufriedenstellenden Behandlungsergebnissen nach rigider Stabilisierung entwickelten sich Konzepte der dynamischen lumbalen Techniken, die in diesem Beitrag vorgestellt werden.

Kernaussagen
  • Seit das Prinzip der kompletten Stilllegung (Fusion, Spondylodese) eines degenerierten Bewegungssegments infrage gestellt worden ist, konnte die Idee der bewegungserhaltenden operativen Behandlung (Non-Fusion-Techniken) immer weiterentwickelt werden.

  • Dabei stellt insbesondere die Bandscheibenprothetik (total disc replacement) eine Erfolgsgeschichte der Non-Fusions-Techniken dar – wenn auch nur für ein sehr schmales Indikationsspektrum.

  • Sie ist inzwischen eines der am besten untersuchten operativen Verfahren an der Wirbelsäule, deren Überlegenheit zur konservativen Therapie und zur Spondylodese in RCTs gezeigt werden konnte (Level-I-Evidenz) und das die Erwartung des nachhaltigen Bewegungserhalts erfüllen konnte.

  • Der Nukleusersatz (nucleus replacement) konnte bisher trotz pathophysiologisch interessantem Konzept und einigen recht vielversprechenden Ergebnissen in klinischen Kohortenstudien (Level-II-2-Evidenz) [38] im klinischen Alltag nicht Fuß fassen.

  • Bei den Pedikelschrauben-basierten dynamischen Systemen befindet man sich derzeit noch in einem präliminären Evidenzlevel. In mehreren Kohortenstudien (Level II-2) konnte nachgewiesen werden, dass das Prinzip des „load sharings” klinisch funktioniert, es allerdings teilweise auch bei dynamischen Systemen zu Fusionen im Indexsegment kommt (z. B. Dynesis).

  • Das optimale Implantat und das passende Indikationsspektrum müssen noch genauer definiert werden. Außerdem steht noch der direkte Vergleich mit der Spondylodese aus.

  • Hauptproblem der interspinösen Spreizer scheint die Kurzlebigkeit des klinischen Effekts zu sein

  • Welche der dynamischen lumbalen Techniken die Erwartungen in Bezug auf Nachhaltigkeit und Minimierung der Anschlusssegmentdegeneration erfüllen können, wird in zukünftigen Studien zu erarbeiten sein.