intensiv 2017; 25(05): 221
DOI: 10.1055/s-0043-112946
Editorial
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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Publication Date:
06 September 2017 (online)

Jeder möchte lange leben, aber keiner möchte alt werden.

(Jonathan Swift (1667–1745), anglo-irischer Schriftsteller)

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die häufig zitierte „Alterspyramide“ mit einer schmalen Basis und breiten Spitze ist unübersehbar bereits unsere alltägliche Realität auf den Intensivstationen. Alter per se ist kein Hindernis mehr für eine Intensivaufnahme. Alte Menschen sind aber vulnerabler als junge. Eine Kleinigkeit kann ihr System bereits aus dem Lot bringen. Der alte Patient ist langsamer und braucht einfach mehr Zeit, das passt sehr schlecht zur Hektik der modernen Intensivpflege. Die Gesundheitsökonomie muss daher erkennen, dass die vorhandenen Kapazitäten auf den Intensivstationen dem epidemiologischen Wandel mit all seinen Konsequenzen angeglichen werden müssen.

Auch medizinische Aspekte dürfen keinesfalls übersehen werden. Die Patienten werden nicht nur älter, sondern sie weisen auch eine veränderte Physiologie auf, die vor allem durch eine geringere Kompensationsfähigkeit gekennzeichnet ist. Therapeutische Ziele wie Volumentherapie, spezifische Probleme der Multimorbidität, Sarkopenie, Delir, generalisierte Gefäßerkrankungen sowie eine veränderte Pharmakokinetik erfordern fachkundiges Handeln.

Bedingt durch den demografischen Wandel steigt der Anteil von kritisch kranken Patienten mit chronischen Mehrfacherkrankungen in der Intensivversorgung an und stellt veränderte und komplexere Anforderungen an die Behandlungsteams. Trendanalysen der letzten Jahre am Klinikum der Universität München (KUM) haben gezeigt, dass speziell in der Intensivversorgung der Anteil von Patienten über 65 Jahre von 29,4 Prozent (2012) auf 46,7 Prozent (2014) gestiegen ist.[ 1 ] Vor diesem Hintergrund ist geriatrisches Wissen in der Intensivpflege dringend erforderlich. Wir brauchen motiviertes Intensivpflegepersonal, das sich sein Wissen in den Fachweiterbildungen aneignet, um damit noch bessere Arbeit auf den Stationen leisten zu können.

Wenn wir verantwortungsvoll die medizinische und pflegerische Gesamtsicht eines kranken alten Menschen unter dem Prinzip der ethischen Regeln achten, kann es auch hochbetagten kritisch kranken Patienten die Chance geben, noch einmal in ein zufriedenstellendes Leben zurückzukehren.

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen.

Rita Hofheinz